Wissenschaften

Neubewertung des Menschen und Herrschers Caracalla

Vor genau 1800 Jahren, nämlich im Sommer 213 n. Chr., überschritt der als einer der tyrannischten Herrscher Roms bekannte Kaiser Caracalla in der Nähe des Kastells Aalen im heutigen Baden-Württemberg den Limes und führte einen von Erfolg gekrönten Feldzug gegen die Germanen. Lange Zeit hielt man diese militärische Aktion der Römer für eine Reaktion auf germanische Angriffe; neuere Forschungsansätze gehen jedoch davon aus, dass einige germanische Stämme sich Hilfe von Rom erbeten hatten, um innergermanische Konflikte zu lösen. Auch das Motiv der präventiven Machtdemonstration seitens des römischen Kaisers wird nicht ganz ausgeschlossen. Anlässlich des Jahrestages dieses Feldzuges hat das Limesmuseum Aalen eine Sonderausstellung zu dem Thema "Caracalla - Kaiser, Feldherr, Tyrann" eingerichtet, die vom 22. Juni bis zum 3. November zu sehen ist.

Die vorliegende Publikation mit demselben Titel stellt den Begleitband zur Ausstellung dar, in dem Autor und Herausgeber Martin Kemkes neben seinem eigenen einführenden Beitrag zur Biographie Caracallas sechs weitere Beiträge von namhaften Kollegen versammeln konnte.

Caracalla, der eigentlich Lucius Septimius Bassianus hieß, jedoch bereits im Kindesalter zum Caesar erhoben wurde und den Namen Marcus Aurelius Antoninus erhielt, später aber unter dem Namen Caracalla bekannt wurde, war sowohl bei seinen Untertanen als auch bei seinen Feinden als tyrannischer Herrscher verschrien, der vor keiner grausamen Tat zurückschreckte und unter Depressionen sowie Verfolgungswahn litt. So brachte er im Jahre 211 seinen eigenen Bruder, der auch zum Kaiser ernannt worden war, vor den Augen seiner Mutter um. Damit war ihm die alleinige Herrschaft nach dem Tod seines Vaters gewiss.

Doch neben all den Grausamkeiten, die mit Caracallas Herrschaft einhergingen, erfreute sich Rom während seiner Regierungszeit auch einiger angenehmer Neuerungen: Erstmals in der Geschichte des römischen Reiches wurde allen freien im Reich lebenden Menschen das römische Bürgerrecht verliehen, was enorme Vorteile für die Betroffenen mit sich brachte.

Mit der Dynastie der severischen Kaisern, zu denen auch Caracalla - benannt nach einer Art Kapuzenmantel der Kelten, dem caracalla - gehörte, beschäftigen sich Barbara Pferdehirt und Markus Scholz in ihrem Beitrag und geben damit einen Überblick über eine Epoche der römischen Geschichte, in der bereits einige Grundsteine für den späteren Untergang des Weltreichs gelegt wurden. Stephan Bender beleuchtet in seinem Beitrag den Germanenfeldzug an sich und präsentiert neueste Forschungsergebnisse, die zeigen, dass die Quellenlage in einigen Fällen immer noch Raum für Spekulationen bietet, z.B. was die genaue Datierung des Feldzugs und die Zeit der Anwesenheit Caracallas betrifft.

Das haptisch und optisch sehr anspruchsvoll ausgestattete Buch ist weit mehr als nur ein Begleitband zu einer Sonderausstellung im Caracalla-Jahr. Es beschäftigt sich mit der Person Caracallas, seinem Antrieb, seinen Motiven - immer vor dem Hintergrund des Germanenfeldzugs des Jahres 213, aber auch vor einem allgemeineren Hintergrund, sodass eine (Neu-)Bewertung der Person und des Herrschers möglich wird. Auch wenn die Lektüre des Bandes natürlich neugierig macht auf die zugehörige Ausstellung, ist das reich bebilderte Sachbuch mit seinem wissenschaftlichen Anspruch eine Publikation, die auch für sich genommen ohne den Ausstellungshintergrund an Wirkung und Informationsgehalt nichts einbüßt.

Sabine Mahnel
15.07.2013

 
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Das Buch:

Martin Kemkes (Hg.): Caracalla - Kaiser, Feldherr, Tyrann

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Darmstadt: Verlag Philipp von Zabern 2013
144 S., € 29,99
ISBN: 978-3-8053-4611-5

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