Romane

Von der Fröhlichkeit im Wandel des Lebens

Wieder einmal liegt ein Buch von Günter Baum vor, der auch schon unter dem Pseudonym "Waltraud Günter" publiziert hat. Diesmal legt der 1936 geborene deutsche Autor ein Buch unter dem Titel "Eisblumen" vor. Das Eisblumenbild verrät denn auch rasch, worum es geht: um das Hinüberwechseln von Fixiertheit und Wechseln-Können. Eisblumen haben nun eben diese Eigenschaft: In klirrender Kälte geben sie sich unverrückbar und ewig, in aufkommender Wärme verändern sie sich, bis sie verschwinden. In Günter Baums Buch verschwinden sie schließlich auch. 

Der Untertitel "Die Kindfrau" platziert das Eisblumenbild in einer Frauenbiografie. Aber es steckt mehr dahinter. Die Welt dieses gut 190 Seiten fassenden Buches ist nicht nur die der Frau, sondern auch die der Familie und der Generationen. In dieser häuslichen Umgebung, die bei Günter Baum nicht erstaunen wird, wirft das Buch die Frage nach dem Verbleib in der Jugend auf. Die Eisblumen, für die Protagonistin ein Zeichen für die oft bewunderte Großmutter, erinnern an diese gute Frau, sie prägen aber auch und verschwinden letztlich. 

Damit ist der Wandel im menschlichen Leben angesprochen - oder konkreter: das Hineinwachsen in die Rolle der Frau und Mutter. "Ich hätte einfach nicht älter werden dürfen", ist im Buch zu lesen, aber das wird sich im Laufe der Geschichte ändern. Hier wird sehr oft Abschied genommen, so wie auch hinzugewonnen und geboren wird. Ein Leben nicht ohne Fragen, Grobheiten und Gerangel.

Die Oma, die das junge Mädchen Sabrina stets bewundert hatte, "war nie ein Kind von Traurigkeit" gewesen. Das werden dieLeser als das erkennen, was Sabrina regelrecht angesteckt hat. Wer Günter Baums Schaffen überblickt, wird hier aber auch die Fröhlichkeit wiederfinden, die als unüberseh- und hörbares Merkmal das Werk durchzieht. Es ist eine Fröhlichkeit, die der fantasievollen Weltsicht entspricht und Zuversicht verbreitet. Fantasie, wie sie der Autor in Worte fasst: "Wenn ich täglich nur Rosinen zu essen bekäme, würde ich doch wissen wollen, wie ein Apfel schmeckt." Kommt nicht gerade in diesem fantasievollen Zugang die intakt gebliebene Kinderseele sehr schön zum Ausdruck?

Entsprechend unbekümmert entwickeln sich auch die vielen Dialoge in diesem Buch. Es sind Wortwechsel, die mit Bestimmtheit nie der Frage nach Authentizität und Plausibilität zum Opfer fallen werden, weil sie so natürlich und direkt gehalten sind. Das macht die neue Publikation "Eisblumen" nacherlebbar und das Hinterfragen des eigenen Rollenspiels so klar fassbar. Im Vergleich mit früheren Büchern des Autors ist hier mehr Fluss erkennbar, auch bedeutend mehr Dichte und eine stärkere Bündelung der Aussagekraft. Hat sich auch der Autor in diesem Sinne gewandelt? Bücher sind menschliche Zeugnisse - dem kann und will sich wohl auch nicht Günter Baum entziehen. 

Insofern hat man ein doppelt lebhaftes Buch vor sich. Zum einen zeigt sich darin das Leben, so wild und unlogisch es sein kann. Zum andern packt einen die Sprache gerade dank ihrer unverblümten, herzhaften Art.

Ronald Roggen 
18.03.2013

 
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Das Buch:

Günter Baum: Eisblumen - Die Kindfrau

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Berlin: United p. c. Verlag 2013
188 S., € 18,40
ISBN: 978-84-90154-33-5

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