Romane

Fälscher aus Leidenschaft

Schlechte Schriftsteller kopieren, gute Schriftsteller stehlen. So ähnlich hat sich auch schon Picasso über die Qualität von Künstlern geäußert. Wenn es nach diesem Grundsatz ginge, dann müsste Mark Trace ein schlechter Schriftsteller sein, denn sein Talent liegt darin, große Künstler wie Graham Greene, Ernest Hemingway oder auch Charles Dickens nachzuahmen und genau wie sie zu schreiben. Dieses außergewöhnliche Talent entdeckt Mark bereits zu Schulzeiten, als er die Aufgabe, ein Kapitel ganz im Stile Dickens zu schreiben, so gut löst, dass sein Lehrer ihm unterstellt, er habe gemogelt.

Als junger Student arbeitet Mark für eine kleine, aber renommierte Literaturzeitschrift namens "Little Review". Doch leider hat diese Zeitschrift ihre guten Jahre schon lange hinter sich. Mit großen Autoren wie Graham Greene oder James Sherwin, die einst Beiträge für die "Little Review" geschrieben haben, kann sie nicht mehr aufwarten. Aufgrund der schlechten finanziellen Situation der Zeitschrift sieht sich Mark gezwungen, in den Archiven "neue alte" Beiträge großer Schriftsteller zu "finden". Da kommt ihm sein Talent, den Stil seiner literarischen Vorbilder täuschend echt fälschen zu können, gerade recht. Und ganz zufällig hat er noch Zugang zu einer alten Schreibmaschine, die die Authentizität seiner Manuskripte entscheidend steigert.

Für einige Zeit sieht es so aus, als ob Marks Plan aufgehen würde. Doch auch in Marks kleiner Poeten-Welt haben Lügen kurze Beine und schon bald holt ihn seine Fälschervergangenheit ein. Mark, der es als Schriftsteller nie weiter gebracht hat, als Werke anderer zu fälschen, muss fürchten, dass sein Betrug auffliegt und seine gesamte Existenz dadurch zerstört wird.

David Belbin schreibt seit vielen Jahren erfolgreich Romane und Kriminalgeschichten für junge Erwachsene, und seine Bücher wurden bisher in 20 Sprachen übersetzt. "Der Hochstapler" ist sein erster Roman für Erwachsene - ein Roman, in dem er den Leser in die Welt der Literatur entführt. Gefälschte Literatur ist im Gegensatz zu gefälschten Bildern kein Thema, von dem man oft zu hören bekommt. Umso interessanter, dass Belbin für seinen neuen Roman dieses Thema gewählt und es glaubhaft und spannend dargestellt hat. Jeder, der ein Faible für Bücher und die Welt der Literatur hat, wird sich sofort angezogen fühlen von diesem außergewöhnlichen Roman, der auf seine eigene Art ein aufregender Thriller ist - ein Thriller, bei dem der Gegenstand des Verbrechens gut gewählte Worte sind.

Sabine Mahnel
19.04.2010

 
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Das Buch:

David Belbin: Der Hochstapler. Aus dem Englischen von Martina Tichy

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Reinbek: Kindler Verlag 2010
284 S., € 19,95
ISBN: 978-3-463-40580-3

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