Romane

Gothic Fantasy zum Gruseln: düster, romantisch, voll dunkler Magie - kurzum: ein Geniestreich

Jane Shoringfield sieht die Welt in Zahlen und logischen Mustern. Deshalb rechnet sie sich aus, dass ihre Chancen auf persönliche Unabhängigkeit steigen, wenn sie selbst einen Heiratskandidaten bestimmt. Und ihrer Mathematik nach braucht sie vor allem eines: einen Ehemann, der eine Scheinehe wünscht. Ganz oben auf ihrer Liste steht Augustine Lawrence, ein junger, zurückgezogen lebender Arzt. Er stimmt ihrem Vorschlag zu, mit nur einer Bedingung: Sie darf Lindridge Hall, sein verfallenes Stammhaus mehrere Meilen außerhalb der Stadt, niemals besuchen. Trotz nächtlicher Anrufe und kranker Patienten ist er gezwungen, jedes Mal dorthin zurückzukehren, wenn die Sonne untergeht, aber Jane darf ihn niemals begleiten. Er sagt, es liege nur am Verfall, den das Gehalt eines Landarztes mit sich gebracht habe.

Aber in der Hochzeitsnacht führt ein Unfall Jane nach Sonnenuntergang zu seiner Tür und sie findet ihn verändert vor. Der kühne, mutige Chirurg ist verschwunden und an seiner Stelle steht ein verwirrter, ängstlicher Mann. Am Morgen danach ist Augustine wieder er selbst. Doch in Lindridge Hall stimmt etwas überhaupt nicht. Nachts streifen seltsame Gestalten durch die Flure, und Jane erhascht in den Spiegeln und Fenstern des Hauses einen Blick auf eine wunderschöne rotäugige Frau. Augustine behauptet, sie sei eine seiner zwei Jahre zuvor verstorbenen Patienten gewesen, doch unerwartete Hausgäste erzählen eine andere Geschichte: Ihr Name war Elodie Lawrence, Augustines angeblich an Gelbfieber verstorbene Gattin. Bis eine Art Vision Jane die Wahrheit offenbart. Und diese erschüttert die junge Frau bis ins Mark.

Bereits eine Woche nach ihrer Trauung muss Jane erkennen: Das Erlernen des blutigen Arzthandwerks ist nichts im Vergleich zu dem, was des Nachts auf Lindridge Hall vor sich geht. Auf dem Anwesen lauern noch weitaus bösere Geschöpfe als die Geister von Augustin Lawrence' viel zu früh verstorbenen Patienten sowie diverse Monster. Bald kämpft Jane um ihren Verstand und ihr Leben und wird in eine Welt voller Geheimbünde, theoretischer Mathematik, unmöglicher Magie und schiefgelaufener Rituale hineingezogen. Und jetzt, da sie die Geheimnisse von Lindridge Hall kennengelernt hat, werden sie sie nicht mehr gehen lassen ...

Unterhaltungvon atemberaubender Genialität - was Caitlin Starling schreibt, ist Belletristik als noch nie dagewesene Kunstform. Selbst die Altmeister der Schauerliteratur hätten an der Lektüre von "Der Tod der Jane Lawrence" ihren groß(artigst)en Genuss, und zwar vom ersten bis zum letzten Satz. Die US-amerikanische Schriftstellerin sorgt beim Leser für Gänsehaut vom Haarscheitel bis zur Fußsohle. Ob ihres Könnens haut es einen sogar glatt vom Hocker. Und es gruselt einem wie sonst nur beim Lesen eines Stephen-King-Romans, der allerdings irgendwann um 1900 spielt. Starling hat das Potenzial zu einer Weltklasse-Autorin. Ihre Bücher zu lesen, ist ein absolutes Highlight. Das vorliegende zieht einen vollkommen in den Bann, sodass man gar nicht merkt, wie die Stunden vergehen. Leider viel zu schnell!

Wie "Der Tod der Jane Lawrence" beweist, noch dazu ziemlich eindrucksvoll, schreibt Caitlin Starling in einer Liga mit Autorengrößen wie Mary Shelley (Frankenstein), Bram Stoker (Dracula) oder Edgar Allan Poe. Und das aus gutem Grund: Diese Lektüre jagt einem angenehme Schauer durch den ganzen Körper, bringt einem sogar um den Schlaf. Wochenlang wird man nur mithilfe gedämpften Lichts in die Nachtruhe finden. Und auch dann nur äußerst schwer! Das geht definitiv nicht grandioser!

Susann Fleischer 
15.04.2024

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Caitlin Starling: Der Tod der Jane Lawrence. Ein Schauerroman. Aus dem Amerikanischen von Charlotte Lungstrass-Kapfer

CMS_IMGTITLE[1]

München: Heyne Verlag 2024 480 S., € 17,00 ISBN: 978-3-7645-3307-6

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.