Romane

Literatur von der Erzählkunst sowie dem Klassikerpotenzial der Bücher von Mark Twain

Amerika, 1851: Der 17-jährige Thomas McNulty schlägt sich durch das Leben. Gemeinsam mit seiner Familie ist er vor dem "Großen Hunger" aus Irland geflohen, hat aber als Einziger die Überfahrt und die Fieberhütten in Kanada überlebt, sich schließlich bis nach Missouri durchgeschlagen. Nun verdingt er sich als Tanzmädchen in einem Saloon für Bergarbeiter. Stets nah an seiner Seite ist sein Freund John Cole. Die beiden verbindet mehr als eine tiefe Freundschaft, die in Zeiten eines Bürgerkrieges vor eine schwere Herausforderung gestellt wird. Thomas und John treten in die Armee ein, ermorden Indianer und versuchen, auf den Schlachtfeldern ihr Glück zu finden. Es ist ein Kampf, aber die Hoffnung, dass er diesen gewinnen wird, gibt Thomas niemals auf.

Wie ein irischer Simplicissimus stolpert Thomas durch das Grauen der Feldzüge gegen die Indianer und des Amerikanischen Bürgerkriegs - davon und von seiner großen Liebe erzählt er mit unerhörter Selbstverständlichkeit und berührender Offenheit. In all dem Horror findet Thomas mit John und seiner Adoptivtochter Winona, einer Indianerin, sein Glück. Er bleibt ein Optimist, ganz gleich unter welchen Umständen. Thomas gerät allerdings des Öfteren an seine Grenzen, und muss diese nicht selten auch überschreiten. Für seine Liebe zu John und für seine Tochter riskiert Thomas alles. Er will die beiden glücklich sehen. Aber Thomas weiß: Er ist ein schier unmögliches Unterfangen, oder ...?!

Unterhaltung, die einen nach nur wenigen Sätzen ganz atem- sowie sprachlos macht - Sebastian Barry schreibt so grandios wie nur die wenigsten seiner Zunft. "Tage ohne Ende" liest man wie im Rausch. Was man hier in die Hände kriegt, ist ein Western-Blockbuster à la "Der mit dem Wolf tanzt". Besonders literarisch wertvoll, als hätte statt Barry ein Mark Twain zur Feder gegriffen. Während der Lektüre verliert man sich mit allen Sinnen in der Geschichte und bekommt über diesen Hochgenuss die Welt um sich herum gar nicht mehr mit. Der preisprämierte Autor beherrscht sein Handwerk absolut meisterlich. Seine Bücher gehören unbedingt in jedes Regal, auch das vorliegende. Man muss es lesen! Es hat definitiv Potenzial zu einem zeitlosen Klassiker.

Sebastian Barry ist ein großes Ausnahmetalent unter Irlands Schriftstellern. Mit "Tage ohne Ende" gelingt ihm eines der seltenen Juwelen der Literaturwelt. Außerdem das definitiv interessanteste, ungewöhnlichste, unvergleichlich schönste Lesehighlight der letzten Jahre. Die Story gewährt uns einen tiefen Blick in die Seele des wahren Nordamerikas und in einen Teil der Siedlungsgeschichte. Kaum etwas anderes reicht an dieses Leseerlebnis heran. Es übertrifft (fast) alles!

Susann Fleischer
17.09.2018

 
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Das Buch:

Sebastian Barry: Tage ohne Ende. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser

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Göttingen: Steidl Verlag 2018
256 S., € 22,00
ISBN: 978-3-95829-518-6

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