Krimis & Thriller
Habemus Papam!
Der Papst ist tot. Ein neues Oberhaupt der katholischen Kirche muss rasch gefunden werden. Seit dem 13. Jahrhundert wird hierzu das Konklave einberufen, eine Versammlung aller Kardinäle der katholischen Welt. Gewählt wird solange, bis sich auf einen Kandidaten mindestens zwei Drittel aller Stimmen vereinigen. Solange dies nicht der Fall ist, wird der Öffentlichkeit am Ende eines Wahlgangs mittels schwarzen Rauchs signalisiert, dass noch keine Einigung erfolgt ist. Weißer Rauch steigt unter Hinzugabe bestimmter Chemikalien erst dann auf, wenn besagtes Wahlprozedere einen neuen Bischof von Rom bestimmt hat, woraufhin der Menge auf dem Petersplatz freudestrahlend ein "Habemus Papam" vom Balkon entgegengeschmettert wird. Mitunter sind aber einige Wahlgänge notwendig, die mehrere Tage in Anspruch nehmen können und die die Kardinäle von der Außenwelt abgeschirmt in einem geschlossenen Raum - so die wortwörtliche Übersetzung des lateinischen Wortes "conclave"- verbringen.
Bestsellerautor Robert Harris hat in seinem neuesten Roman mit dem naheliegenden Titel "Konklave" eine solche Papstwahl in den Mittelpunkt gestellt. Zeitlich angesiedelt in naher Zukunft wird der Tod des aktuellen Papstes im Vatikan beklagt. Kardinal Lomeli obliegt nun die herausfordernde Aufgabe, das Konklave nach den althergebrachten Bestimmungen zu leiten und zu einem Ergebnis zu führen. Im ersten Wahlgang kristallisieren sich sogleich die potentiellen Kandidaten für das Amt des Papstes heraus. Im Hinblick auf die sich anschließenden Wahlgänge bilden sich folglich Allianzen und Oppositionen, manches Mal spontan und unausgesprochen, natürlich aber auch als Ergebnis gezielter Absprachen, ganz im Stile erfolgreicher Politiker. Lomeli muss mit Schrecken feststellen, dass er selbst von vielen Kardinälen als der geeignete Mann angesehen wird, was ihm ob seiner momentanen Glaubenskrise überhaupt nicht gefallen will.
Harris hat das Konklave mit einigen kontroversen Charakteren bestückt, einem nigerianischen Kandidaten, der zum ersten afrikanischen Papst aufsteigen könnte, zwei klassischen italienischen Kardinälen und einem intriganten Kanadier, der von langer Hand Vorbereitungen getroffen hat. Für alle überraschend ist jedoch das Erscheinen eines Kardinals, von dessen Existenz bis zum Konklave niemand Kenntnis hatte, dem Kardinal von Bagdad. Der verstorbene Papst hatte ihn nämlich erst in seinen letzten Tagen im Stillschweigen - "in pectore" - zum Kardinal ernannt. Wird er, obwohl ihn niemand auf der Rechnung hatte, etwa zum "X-Faktor" in dieser sich scheinbar ewig hinziehenden Papstwahl?
Robert Harris ist seit knapp einem Vierteljahrhundert ein absoluter Star im Genre des historisch-zeitgenössischen Romans, in dem er gerne brillant anmutende Betrachtungsperspektiven einnimmt. In den letzten Jahren hatte sich Harris mit seiner "Cicero"-Trilogie einen Platz im Schriftsteller-Olymp gesichert. Nachdem der dritte und letzte Band "Dictator" im Vorjahr erschienen war, war durchaus Skepsis angebracht, als ein knappes Jahr später bereits ein neuer Roman angekündigt worden war. In der Tat macht "Konklave" an der einen oder anderen Stelle durchaus den Eindruck, dass es sich hierbei um ein Zwischenwerk in der Bibliografie von Robert Harris handeln würde. Grundsätzlich ist das vorliegende Buch ohne Zweifel gut und spannend geschrieben, allerdings begleitet einen beständig das Gefühl, dass hier ein Autor am Werk war, der sein Handwerk sehr gut versteht und dieses effizient eingesetzt hat, um seinen neuesten Roman zu produzieren.
"Konklave" konzentriert sich lokal vollständig auf die Handlungen im Vatikanstaat sowie zeitlich auf die Periode vom Ableben des Papstes bis zum Aufsteigen des weißen Rauchs. In diesem Kammerspiel beschreibt Harris sehr gut die sich stets hinter abgeschotteten Mauern abspielenden Abläufe und die Psychologie der 118 handelnden Kardinäle. Schwerpunktmäßig ist der Leser mit Kardinal Lomeli und dessen Gedanken unterwegs, die Handlung wird von dessen Gesprächen mit Vertrauten wie auch Karrieristen vorangetrieben. Mit 350 Seiten handelt es sich bei "Konklave" um ein für Robert Harris´ Verhältnisse recht schmales Büchlein. Es hält zwar durchaus ansprechende Unterhaltung bereit, jedoch erwartet man bei einem Bestseller-Autor wie Harris stets den einen genialen Roman, an den man sich zeit seines Lebens erinnern wird. Diese ganz hohe Hürde überspringt "Konklave" dann leider doch nicht.
Christoph Mahnel
12.12.2016