Dramen

Belletristik, die überrascht und dem Leser ein ungewöhnliches Vergnügen (im besten Sinne) bereitet

Laut Wikipedia ist das Christentum mit rund 2,5 Milliarden (2022) Mitgliedern vor dem Islam (2 Milliarden) und dem Hinduismus (1,2 Milliarden) die weltweit am weitesten verbreitete Religion. Und doch bietet deren Lehre reichlich Stoff für Diskussionen. Dass diese auch noch literarisch wertvoll sein können, beweist Reinhard Pantel mit seinem Bühnenstück "Querbeet - Gedanken zu diversen theologischen Themen". Wie der Titel bereits erkennen lässt und der Autor zur "Werkgeschichte" auch schreibt, wurde eine theologische Vorlesung zur Fundamentaltheologie vom Hörsaal auf die Theaterbühne verlegt. Das Ergebnis ist ein Drama, das mit Samuel Becketts "Warten auf Godot" oder Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker" durchaus vergleichbar ist.

Ja, es geht in diesem Bühnenstück wirklich querbeet zu: Das heißt, mit allen Registern geht es kreuz und quer durch die Inhalte des Neuen Testaments (NT): Eine Gliederung der Themen ist somit kaum herzustellen. Das, was die offensichtlich gut belesenen Personen an Fachwissen und Ansichten am runden Tisch eines Straßen- Cafés hier vor einem Kirchenportal an Ansichten und Meinungen sich da austauschen, das könnte für den einen oder anderen höchst befremdend klingen, wenn man sich mit dem NT bisher nicht sehr eingehend beschäftigt hat. Wenn man aber dann deren Dialoge aufmerksam verfolgt, würde man bei so manchem Thema - mit seinem erworbenen Wissen - sich am liebsten zu ihnen an den Tisch setzen und leidenschaftlich mitdiskutieren wollen.

Leidenschaftlich, Pro und Kontra klar benennend, tauschen sich ein Feuerwehrmann, ein Lehrer, Biehland, Verwaltungsangestellter und Poesieliebhaber (nicht identisch mit Christoph Martin Wieland!), die Gemeindereferentin, der Organist in der nahegelegenen Kirche und die Bedienung eines kleinen Straßen-Cafés unter anderem über die Bergpredigt, über die Evangelien und v.a. über den Sinn und Irrsinn religiösen Glaubens aus. So klingt es im ersten Augenblick zum Beispiel höchst schockierend, wenn die Personen da am Tisch, das Apostolische Glaubensbekenntnis zitierend, der Ansicht sind, "das Christentum sei die verrückteste Religion der Welt, ... aber gleichzeitig ist sie mit ihren anspruchsvollen Wertevorstellungen auch die Schönste unter ihnen allen".

Auch wenn Pantel im Nachwort schreibt, dass das Bühnenstück zu handlungsarm ist, so zeigt sich bei der Lektüre (und hoffentlich auch irgendwann bei einer Aufführung) von "Querbeet", dass Worte bzw. die Feder mächtiger ist als das Schwert. Das Drama regt seine Leser dazu an, über das Thema weiter nachzudenken, darüber zu sprechen und Meinungen miteinander auszutauschen. Es ist eine Möglichkeit, noch dazu eine ziemlich unterhaltsame, über den bisherigen Tellerrand hinauszusehen. So ist es nur ein äußerst kleiner Wermutstropfen, dass mehr geredet wird und wenig tatsächlich geschieht. Ein bisschen wie Philosophie für die Theaterbühne gemacht.

Literatur, wie man diese definitiv nicht alle Tage erfährt - die Bühnenstücke aus Reinhard Pantels Feder sind das beste Beispiel dafür. Diese zu lesen, sorgt für Theater im Kopf. Satz für Satz von "Querbeet" entsteht vor dem inneren ein detaillierteres Szenenbild. Von solcher Unterhaltung kann man eigentlich nur gefesselt sein, und sich wie berauscht fühlen. Gedanken zu diversen theologischen Themen in den Mittelpunkt eines Dramas stellen? Ohne jeden Zweifel kein leichtes Unterfangen, aber eines, dass dem Autor exzellent, fast schon virtuos gelingt. Seine Worte ziehen einen vollkommen in den Bann, sodass man gar nicht merkt, wie die Zeit vorangeht. Da muss es gar nicht immer laut, turbulent oder dramatisch sein, um beim Leser Emotionen auszulösen; noch dazu bisher ungekannte.

Auf dem deutschsprachigen eBook-Markt braucht es unbedingt mehr Schriftsteller wie Reinhard Pantel. Seine Veröffentlichungen, so auch "Querbeet - Gedanken zu diversen theologischen Themen", lohnen eine Entdeckung. Das vorliegende Bühnenstück zu lesen, bedeutet ein Genuss ohnegleichen. Doch es will nicht nur spannend unterhalten, sondern lässt Raum für den einen oder anderen neuen Denkansatz zur Religion und deren Wesen. Das ist Kunst!

Susann Fleischer 
02.04.2024

 
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Das Buch:

Reinhard Pantel: Querbeet - Gedanken zu diversen theologischen Themen. Ein Bühnenstück

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München: ciando.com 2024 49 S. ISBN: 978-3-96134-767-4

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