Autobiographie
30 Jahre und kein bisschen weise ...
Autobiographien sind eigentlich immer spannende Sachen, überzeugen aber, sofern sie auch wirklich von der Person verfasst sind, nicht immer mit Esprit und einem attraktiven Schreibstil. Glücklicherweise ist das in der Autobiographie von Harald Brück nicht der Fall: 1960 wird er geboren, und da startet auch das Buch, das uns mit ihm zusammen auf eine Reise durch die noch junge Bundesrepublik der verschiedenen Jahrzehnte mitnimmt. Es macht Spaß, Harald Brück dabei zuzusehen - zunächst beim Aufwachsen, dann seine Schulzeit, die an so manchen Stellen an die liebenswerten alten Filme um "Pepe, den Paukerschreck" erinnert. Immer Flausen im Kopf, nehmen ihm nicht mal Schicksalsschläge seinen Humor, und es ist ergreifend, wie stark er auch mit schwierigen Themen umgeht.
Aber der Humor ist es immer wieder, der ihn rettet, und der bestimmt auch den Ton des Buchs. Okay, allein die Bundeswehr stellt natürlich schon mal eine Steilvorlage dar! Brücks Zeit dort in den 1970ern würde für sich genommen sicher schon ein ganzes Buch füllen. Aber auch die Zeit geht irgendwann rum, und aus dem einst ungezogenen Bengel wird ein ernster junger Mann, der mitten im Leben steht und sich darauf vorbereitet, den Schlachtbetrieb seines Vaters zu übernehmen. Na ja, so ernst vielleicht doch nicht: Seine Ausflüge in die Frankfurter Unterwelt in den 1980ern lassen ihn zwielichtige Gestalten treffen und liebenswerte Spinner. Das Jahrzehnt und eine Ära neigen sich dem Ende zu, und wer hätte gedacht, dass der eigentliche Anstoß zum Mauerfall von Harald Brück selber kam?
Um die Zeit endet die Autobiographie erst einmal und macht sozusagen Halbzeit. Es wurde viel erlebt, viel gelacht, viel geweint. Freunde und Frauen kamen und gingen, und das Buch macht Lust auf mehr: Die ersten 30 Jahre klingen schon mal spannend - wie wohl die nächsten 30 aussehen?
Gerrit Koehler
15.06.2020