Hörbücher
Verzweifelte Suche nach der Familie
Anfang Juli 1924. Die aus Russland geflüchtete Jüdin Lillian Leyb befindet sich in einem fremden Land, das manchen als "Land der Träume" bekannt ist. Sie ist in Amerika, genauer gesagt in New York, angekommen. Sie hat bereits viel durchgemacht: Ihre Familie wurde größtenteils ermordet und sie wurde von ihrer Tochter getrennt. Lillian ist allein und einsam in der Stadt und muss sich nun in einem neuen Leben behaupten.
Lillian Leyb ist auf einem guten Wege: Sie hat eine Stelle als Näherin gefunden und eine Liebschaft mit dem reichen Meyer Bernstein, der an einem Theater tätig ist. Doch nicht nur ihn beglückt sie, sondern auch seinen Vater Reuben. Ihre Vergangenheit holt sie allerdings immer wieder ein, in Form von Albträumen. Sie träumt ständig von der Niederbrennung ihrer Heimatstadt durch die Christen und erkennt ihre hoffnungslose Lage. Doch beißt sie sich durch, wenn sie angestrengt Englisch lernt und am täglichen Leben teilnimmt. Dann wird sie von der Vergangenheit eingeholt, als eine Verwandte Lillians dieser mitteilt, dass die geliebte und tot geglaubte Tochter noch lebt. Sie ist womöglich in Sibirien, an dem Ort, wo das Paradies für die Juden ist und sich die geliebten Menschen wieder begegnen. Kurzentschlossen beschließt Lillian, sich auf den Weg zu machen, entlang dem legendären Yukon Telegraph Trail.
Auf ihrem Weg zu ihrer Tochter begegnet Lillian vielen Menschen. Sie trifft eine schwarze Hure, mit der sie eine Art Freundschaft verbindet. Sie verbringen einige Zeit zusammen, bis zu einer verhängnisvollen Nacht. Die Hure wird von ihrem "Zuhälter" betrogen, indem er mehr Geld einstreicht, als ihm tatsächlich zusteht. Also beschließen die beiden Frauen, ihn betrunken zu machen, um ihn dann auszurauben. Doch der Plan misslingt, denn der Betrüger wacht auf und aus Versehen töten ihn die beiden. Dies veranlasst Lillian zur Flucht und sie macht sich weiter auf den Weg nach Sibirien. Auf dieser Reise wird sie, da sie jemandem die Uhr gestohlen hat, auf eine Arbeitsfarm speziell für Frauen gebracht. Dort lernt sie Frauen kennen, die sie prägen und ihr zeigen, wie sich Lillian im Leben am besten behaupten kann. Nach längerer Zeit wird sie entlassen, sodass sie weiterreisen kann. Dabei begegnet sie nicht nur Menschen, die für sie da sind, sondern außerdem dem Tod und einem anderen Schicksal, als dem vom Hörer erwarteten. Bis zum Schluss bleibt offen, ob sich Mutter und Tochter wiedersehen werden.
Die Geschichte wird angereichert durch die Stimme Marina Köhlers. Diese erzählt einfühlsam und spannend die Erlebnisse einer jungen, starken Frau, die schon viel miterleben musste. Und dies alles nur, weil sie die "falsche" Religion hat, weil sie Jüdin ist. Dabei gibt es liebevolle Momente, wenn Lillian einem kleinen, verängstigten Kind ein Liedchen vorsingt. Abgegrenzt werden die einzelnen Stationen von Lillians Reise durch Einspielungen jüdischer Melodien, welche Lillians beinahe aussichtslose Lage unterstreichen. Das Geschehen an sich zeichnet sich durch viele Ereignisse aus, die an manchen Stellen ein wenig verwirrend sind. So treten viele Personen in Lillians Leben, die kurze Zeit später nicht mehr von Relevanz sind. Es wird allerdings ein Ausblick auf deren restliches Leben gegeben, damit sie dem Hörer nicht vergessen bleibt. Auf wundervolle Art zeigt sich, wie stark die Liebe einer Mutter zu ihrer Tochter ist: Sie überwindet tausende von Meilen und vergeht nie.
Susann Fleischer
16.03.2009