Romane
Lilli Becks Geschichten - der reinste Lesegenuss
München, 7. Mai 1945: Es ist der Tag, als Generaloberst Jodl die bedingungslose Kapitulation Deutschlands unterzeichnet. Und der Tag, als Hannelore und Marion das Licht einer friedlichen Welt in Trümmern erblicken. In der Frauenklinik in der Maistraße liegen Hilde Lemberg und Elsa Neubauer in den Wehen. Hilde, Ehefrau eines wohlhabenden Schuhfabrikanten, muss sich um ihre Zukunft und um die ihrer Tochter keine Sorgen machen. Elsa hingegen lebt an der Armutsgrenze, seit ihr Mann an der Front dient. Deshalb hat sie sich als Anschauungsobjekt für Medizinstudenten und Hebammenschülerinnen angeboten. Wie es nach der Entbindung für Elsa weitergehen soll, weiß sie noch nicht. Da bietet Hilde ihr eine Stelle als Haushaltshilfe bei sich an.
Die Monate und Jahre vergehen. Hannelore und Marion wachsen wie Schwestern auf. Sie machen einfach alles zu zweit. Nichts und niemand scheint ihre Freundschaft jemals zerstören zu können. Da kehrt Marions Vater nach sechs Jahren in Kriegsgefangenschaft nach Hause zurück. Er versucht alles, um Hannelore und seine Tochter Marion einander zu entfremden. Die Mädchen unternehmen immer weniger etwas miteinander und wissen schon bald nicht mehr, was im Leben der anderen vor sich geht. Als die beiden zweiundzwanzig sind, trennt ein Mann die beiden endgültig. Die widerspenstige Marion wird Fotomodel, hat großen Erfolg im Beruf, aber kein Glück in der Liebe. Hannelore studiert Jura, um Anwältin zu werden, doch das Leben hat andere Pläne mit ihr.
Jahrzehnte später wollen sie ihren siebzigsten Geburtstag zusammen feiern. Doch kann die Zeit wirklich alle Wunden heilen? Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen nach einer halben Ewigkeit droht die beiden einstigen Freundinnen die Vergangenheit plötzlich wieder einzuholen. Es wollen Geheimnisse ans Licht kommen, die besser verborgen geblieben wären. Denn sowohl Marion als auch Hannelore haben damals ein falsches Spiel miteinander gespielt. Die Wahrheit ist schwer zu ertragen. Aber nur mit ihr ist es den beiden möglich, nach so langer Zeit einen Neubeginn ihrer Freundschaft zu wagen. Kein leichtes Unterfangen, wenn man so lange kein Wort mehr miteinander gewechselt hat und sich so fremd ist wie nie zuvor ...
Vorsicht: Taschentuch-Alarm! Beim Lesen von "Glück und Glas" weint man ganze Sturzbäche von Tränen. Kein Wunder, denn Lilli Beck packt in ihre Geschichte eine Extraportion Emotionen. Auf mehr als 500 Buchseiten erfährt man ganz großes Gefühlskino à la Hollywood. Noch lange nach der Lektüre hat man feuchte Augen und es ist einem ganz schwindelig ob solch eines grandiosen Lesevergnügens. Die deutsche Autorin kann es definitiv mit einer Lucinda Riley aufnehmen. Was sie schreibt, lässt garantiert niemanden unberührt. Vom ersten bis zum letzten Satz fiebert man mit den beiden Protagonistinnen Hannelore und Marion mit und hofft auf ein Happy End. Am Schluss ist man enttäuscht darüber, dass dieses Leseerlebnis ein viel zu schnelles Ende nimmt.
Mit "Glück und Glas" beweist Lilli Beck eindrucksvoll: Sie schreibt nicht nur höchst amüsante Frauenromane, die auch der Feder von Sophie Kinsella entstammt sein könnten. Sie vermag es ebenso, für herzzerreißend schöne Unterhaltung über viele, viele Stunden zu sorgen. Hier findet man zwischen zwei Buchdeckeln pures Leseglück. Seufz!
Susann Fleischer
25.01.2016