Romane

Ein berührender Roman über Freundschaft , Nähe und Abschied

Nils Liebe, ja, das ist wirklich sein Name, ist vierzehn, als Sanela, ein vom Jugoslawienkrieg traumatisiertes Flüchtlingskind aus Bosnien, in seine Klasse kommt. Nils wird von der Lehrerin dazu auserkoren, dem Mädchen Deutschnachhilfe zu geben. Die beiden freunden sich miteinander an. Sie teilen alles miteinander, was ihnen wichtig ist: Gedichte, Briefe, Träume, Geheimnisse. Doch die gemeinsame Zeit findet schon bald eines Tages ein jähes Ende. Man setzt Sanela in den Zug nach Zagreb: ein "Roadtrip in den Krieg", der totale Wahnsinn. Für Nils ist diese Trennung nur schwer zu ertragen. Aber das Leben geht trotzdem weiter - auch für ihn. So vergehen die Jahre, ohne dass Nils erfährt, ob Sanela überhaupt noch lebt.

Fünfzehn Jahre ist Sanela verschwunden. Einfach weg. Dann findet Nils einen Brief von Sanela in seinem Briefkasten. Für einen Moment sieht es so aus, als könne das Glück auf Umwegen doch noch zu den Jugendfreunden von einst kommen - ein Trugschluss, wie sich schnell herausstellt. Sanella ist krank, todkrank. Sie hat nur noch wenige Wochen, vielleicht ein paar Monate zu leben. Und was wird dann aus Niels-Tito, ihrem Sohn, dessen Vater tödlich verunglückte? Für den eigenwilligen Jungen sind Zahlen das Faszinierendste auf der Welt. Überhaupt gibt es überraschende Ähnlichkeiten zwischen den Spleens des kleinen Niels und des großen Nils. Wäre schön, wenn er der Vater des Kindes wäre. Ist er aber nicht. Allerdings kann er es vielleicht noch werden ...

Ein Lesevergnügen, wie man sie mit den Büchern von Lena Gorelik in die Hand bekommt, ist von großer Seltenheit. Die deutsche Autorin ist eine meisterhafte Geschichtenerzählerin. Sie beherrscht die Schreibkunst in höchster Perfektion. "Null bis unendlich" ist dafür der Beweis. Während des Lesens bekommt man von der Welt um sich herum nichts mehr mit. Sämtliche Probleme und Sorgen sind für die nächsten Stunden vollkommen vergessen. Aber damit nicht genug: Goreliks Worte besitzen eine ähnlich berauschende Wirkung wie Drogen. Es dauert nur wenige Sätze und man ist high. Es wird einem ganz schwindelig. Danke, danke, danke für solch ein Leseerlebnis voller Emotionen, für solch ganz großes Gefühlskino. Taschentuch-Alarm! 

Nach der Lektüre von Lena Goreliks Romanen fühlt man sich unfassbar traurig und zugleich so glücklich wie nie zuvor im Leben. Wie "Null bis unendlich" - so muss Literatur sein! Diese Geschichte ist so gut geschrieben, dass man gar nicht mehr aufhören kann mit dem Lesen. Hier findet man zwischen zwei Buchdeckeln solch brillante Unterhaltung wie höchstens noch bei einer Isabel Allende oder einem Klaus Modick, und außerdem Lesegenuss pur.

Susann Fleischer
21.12.2015

 
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Das Buch:

Lena Gorelik: Null bis unendlich

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Berlin: Rowohlt Berlin Verlag 2015
304 S., € 19,95
ISBN: 978-3-87134-806-8

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