Romane

Kein guter Tausch, aber ein fantastischer Lesegenuss

Ein neues Buch von Patrick Rothfuss? Sollte es endlich so weit sein, dass der US-Fantasy-Autor nach einer bescheidenen Wartezeit von rund einem Dutzend Jahren nun doch den dritten Band seiner Königsmörder-Chronik vorlegt? Leider nein. Denn "Der Weg der Wünsche" ist nicht nur nicht die Fortsetzung der Erfolgsreihe, sondern zudem lediglich eine neue Version der bereits veröffentlichten Novelle "Der Blitzbaum". Die hat Rothfuss allerdings für diese Ausgabe erheblich erweitert. Zudem spielt die Geschichte immerhin in der Welt der Königsmörder-Chronik und beleuchtet eine der interessantesten Figuren näher.

Im Mittelpunkt von "Der Weg der Wünsche" steht nicht der Held der Königsmörder-Chronik, Kvothe, sondern Bast. Der ist für die meisten Wirtshausbesucher nur ein Gehilfe des Wirts. Doch Kennerinnen und Kenner der Romane wissen, dass hinter beiden viel mehr steckt. "Der Weg der Wünsche" begleitet Bast einen Tag lang bei dem, was er am liebsten tut: Tauschen und dabei einerseits einen persönlichen (Lust-)Gewinn zu erzielen, aber dennoch anderseits das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu bewahren. Sowohl dieses Gleichgewicht als auch Menschen sind in Gefahr, wenn Bast nicht sein Geschick beweist.

Wie Patrick Rothfuss in "Die Musik der Stille" die Figur von Auri näher beleuchtet hat, so tut er es hier mit Bast. Dabei macht einen nicht unwesentlichen Reiz der Lektüre die Tatsache aus, dass Bast - wie Leserinnen und Leser der Königsmörder-Chronik natürlich wissen - nur scheinbar ein Mensch ist. Bei schlechten Fantasy-Autoren sind Zwerge letztlich kleine Menschen mit Bart und Elfen lediglich dürre Menschen mit spitzen Ohren. Der - unter anderem durch Literaturkritiker Dennis Scheck geadelte - Autor Patrick Rothfuss ist aber eben ein richtig guter Vertreter seiner Profession. Deshalb ist sein Bast auch nicht ein Mensch mit magischen Fähigkeiten, sondern ein besonderes Individuum und die Lektüre eine besondere Entdeckungsreise.

Rothfuss nutzt die Fremdartigkeit seiner Hauptfigur, um sein Lesepublikum in ein Spiel zu verwickeln, dessen Regeln erst bei fortschreitender Lektüre offenbar werden. Das gilt auch für die einzelnen Ereignisse, die nur auf den ersten Blick unzusammenhängend wirken. Wie sorgsam der Autor alles komponiert hat, zeigt sich erst sukzessive. Dabei bedient er sich seiner gewohnt bildreichen und immer wieder sorgsam geformten Sprache. Das Ergebnis ist eine stimmige, bunte, vielschichtige, fantastische und immer wieder überraschende Welt. Sicherlich enthält der Text einige Abschweifungen und manchmal hat "Magier Zufall" möglicherweise etwas zu deutlich seinen Zauberstab im Spiel. Das mindert aber letztlich eben nicht entscheidend das Lesevergnügen. Noch ein Tipp zum Schluss: Auch wer sonst mit einem Nachwort eher wenig anfangen kann, sollte hier dennoch das "Nachwort des Verfassers" nicht auslassen. Denn Rothfuss hat mehr mitzuteilen als die üblichen Danksagungen.

"Du solltest dieses Buch vielleicht nicht kaufen", wendet sich Rothfuss etwas überraschend gleich zu Beginn des Buchs an sein Gegenüber. Damit will der US-Amerikaner aber nur verdeutlichen, dass "Der Weg der Wünsche" nicht der passende Einstieg in seine fantastische Welt ist. Für Fans ist das Buch jedoch ein fantastischer Lesegenuss, wenngleich nicht unbedingt ein guter Tausch. Denn letztlich dürfte sich so gut wie jede(r) sich lieber wünschen, endlich den nächsten Teil der Königsmörder-Chronik "The Doors of Stone" in den Händen zu halten.

Ingo Gatzer 
18.03.2024

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Patrick Rothfuss: Der Weg der Wünsche. Aus dem Englischen von Jochen Schwarzer

CMS_IMGTITLE[1]

Stuttgart: Klett-Cotta Verlag 2023 224 S., € 20,00 ISBN: 978-3-608-98774-4

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.