Romane

Unterhaltung weit abseits des Mainstreams, fast schon ein Wunder im Bücherregal

Wer Mari begegnet, dem fällt auf, dass sie intelligent ist und fast gespenstisch makellos. Aber auch, dass sie Witze nicht versteht, und alles sehr rational sieht. Und wer sie besser kennenlernt, dem fällt auf, dass Mari weder Schlaf noch Nahrung braucht. Denn Mari ist nur fast ein Mensch. Ihre künstliche Intelligenz lernt ständig dazu, um eine Aufgabe zu erfüllen: den Menschen glücklich zu machen. Dass sie eines Tages mal in einem Bordell, und wenig später schließlich im Gefängnis landen würde - ob das die Entwickler gewollt hätten, ist mehr als fraglich. Das Drama beginnt, als Mari und die anderen Fembots eine neue Kollegin bekommen, die auch als Liebesroboter im Club von Greta Schnabel tätig sein soll. Mim ist noch ein Kind. Mari ist entrüstet! Die Schläge, die Mari Mims Freier verpasst, haben Folgen.

Nach einer Verkettung von Umständen mit einem bunt zusammengewürfelten Haufen Menschen, darunter der rebellischen Bloggerin Frieda und dem einsamen Studenten Linus, landet Mari in einer Berliner Wohnung. Doch damit fangen die Probleme erst so richtig an. Mari ist auf der Flucht. Und nirgendwo gibt es Sicherheit für jemanden wie sie. Mari hat keine Rechte, dafür allerdings umso mehr Pflichtgefühl. Doch etwas in ihrem Schaltkreis sagt ihr: Sie will frei sein. Ihre Aufgabe ist alles andere als einfach. Die Welt folgt ihrer eigenen Logik, die Wünsche der Menschen sind irrational, und Mari muss begreifen dass es eine Welt jenseits der beweisbaren Fakten gibt. Wie soll sie Wesen glücklich machen, die keine Ahnung haben, was sie wollen? Doch dann kommt sie auf eine Lösung, mit der kein Mensch gerechnet hätte ...

Literatur weit abseits des Mainstreams - die Geschichten aus Vera Bucks Feder sind alles, aber ganz sicher nicht nullachtfünfzehn. Diese haben den Überraschungseffekt von Knallbonbons. Da kommt Langeweile zu keinem Satz auf. Kaum "Der Algorithmus der Menschlichkeit" aufgeschlagen, hat ein breites Lächeln auf den Lippen sowie feuchte Augen. Die Story zeugt von Humor, lässt es aber auch an einer Extraportion Emotionen nicht fehlen; eben amüsant und trotzdem tiefgründig. Die deutsche Schriftstellerin versteht ihr Handwerk absolut meisterlich. Es überwältigt einen geradezu. es gibt kein größeres Glück, kein schöneres Geschenk, kein leuchtenderes Juwel im Bücherregal als Bucks Romane. Diese haben darüber hinaus das Suchtpotenzial von Drogen, außerdem eine ungeheure Sogwirkung. Einfach nur grandios!

Vera Buck eine brillante Autorin zu nennen, wäre die Untertreibung des Jahres. Ihre Bücher heilen die Seele. Und sie sind ein ergreifendes Plädoyer für mehr Humanität. "Der Algorithmus der Menschlichkeit" feiert das Wunder "Leben", als gäbe es keinen Morgen. Auch begeistert die Handlung, außerdem Bucks Schreibkönnen so sehr, dass man schier ausflippt und einem nach dem letzten Satz so schwindelig ist, dass man glatt von der Couch plumpst. Solch eine Lektüre hat echten Seltenheitswert, und ist (nicht nur) deshalb besonders kostbar!

Susann Fleischer 
10.05.2021

 
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Das Buch:

Vera Buck: Der Algorithmus der Menschlichkeit

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München: Limes Verlag 2021 384 S., € 20,00 ISBN: 978-3-8090-2728-7

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