Romane
Literatur, die so gut ist, dass es einen glatt umhaut
Paris anno 1694: In den Gassen der Seine-Stadt geht ein Pamphlet von Hand zu Hand. Es diffamiert Ludwig XIV. und seine Mätressenwirtschaft. Der Sonnenkönig tobt und verlangt, den Urheber unverzüglich dingfest zu machen. Allerdings fehlt es an Verdächtigen, selbst an einer Spur. Jean Larcher, von Beruf Buchbinder, ahnt (noch) nicht, dass die Schmähschrift über Ludwig XIV. zu seinem Verhängnis wird. Es sind schwere Zeiten für Jean: Seinen Sohn drängt es in die Weiten der Welt. Zwölf Monate will Jean ihm geben, damit der Junge außerhalb von Paris sein Glück finden kann. Solange soll Paul den Platz von Jeans Sohn einnehmen. Ein Fehler, denn Paul beginnt eine Affäre mit Marianne, der Frau seines Meisters. Gemeinsam schmieden sie Pläne für eine Zukunft zu zweit. Bis Marianne diese Amour fou beendet.
Paul, getrieben von seinem Herzschmerz, will die Trennung nicht hinnehmen. Er beschließt, mit allen Mitteln um Marianne zu kämpfen. Als er das Flugblatt über die Machenschaften Ludwigs XIV. in die Finger bekommt, fasst er einen perfiden Plan: Er will dem Meister die skandalöse Schrift unterschieben und ihn an die Polizei verraten - und dann wie das Staatsoberhaupt, mit Marianne an seiner Seite frei in Lust und Laster leben. Aber Paul ahnt nicht, welche fatalen Folgen seine Intrige haben wird ...
Literatur von betörendster Schönheit, die das meiste übertrifft, was in den letzten Jahren auf dem Buchmarkt erschienen ist - einen Roman von Janet Lewis zu lesen, bedeutet ein Erlebnis, das man sein Leben lang nicht mehr vergisst. Man verliert sich in all den Emotionen zwischen zwei Buchdeckeln. "Verhängnis" ist so sensationell gut geschrieben, dass es einen glatt umhaut. Hier verschlägt es einem nicht nur den Atem, sondern auch hinaus die Sprache. Die Story gehört zu den absoluten Highlights 2020. Die Autorin beherrscht die Erzählkunst auf ungewöhnlich hohem Niveau, so meisterlich wie nur die wenigsten Schriftsteller des vergangenen Jahrhunderts. Sie sollte man in einem Atemzug mit Größen wie Jane Austin, Harper Lee oder Mark Twain nennen. Ihre Bücher sind ein Geschenk sondergleichen.
Janet Lewis schreibt in einer ganz eigenen Liga. Die Geschichten aus ihrer Feder sind absolut grandios, mitreißend und historisch genau. Weit mehr noch: Während deren Lektüre taucht man tief ein in das Gefühls-/Seelenleben aller Protagonisten. Ab dem ersten Satz von "Verhängnis" ist man mittendrin im geschehen statt nur dabei. Dieses literarische Juwel zu lesen kommt einer besonders fesselnden, einzigartig berauschenden Reise in das Frankreich des 17. Jahrhunderts gleich. Einfach nur zum Niederknien!
Susann Fleischer
23.11.2020