Krimis & Thriller
Krimiliteratur wie aus der Feder eines John Grisham
Anwalt Guido Guerrieri kann sich nicht gerade über zu wenig Arbeit beschweren. Schließlich ist er einer der Besten seines Berufs. Allerdings wäre er nur halb so erfolgreich, hätte er bei seinen Recherchen nicht die Hilfe von Privatdetektivin Annapaola Doria. Sie findet (fast) immer etwas, das Guerrieris Mandanten entlastet. Aber werden die beiden auch Richter Pierluigi Larocca vor einer Gefängnisstrafe bewahren können? Gegen den wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Angeblich soll Larocca gegen eine Zahlung von 50.000 Euro dafür gesorgt haben, dass ein Exmafioso aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat angeblich mehr als genug Beweise, um Larocca für längere Zeit hinter Gittern zu bringen. Genau das muss Guerrieri verhindern, notfalls mit allen Mitteln.
Guerrieris Strategie ist es, den Zeugen als unglaubwürdig darzustellen und damit wertlos zu machen. Annapaola findet (auf nicht immer ganz legalen Wegen) so einiges heraus. So auch, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft lediglich auf Indizien beruht. Bereits am ersten Verhandlungstag scheint klar, dass Larocca als freier Mann das Gericht verlassen wird. Bei der Anhörung gelingt Guerrieri das Meisterstück, die vorsitzende Richterin von der Unschuld seines Mandanten zu überzeugen. Doch schon bald danach überkommen Guerrieri Zweifel. Es tauchen Hinweise auf, die in Guerrieri den Verdacht wecken, er könne sich irren. Offenbar ist Laroccas Weste doch nicht so weiß, wie er Guerrieri hat glauben machen. Plötzlich steckt Guerrieri im Dilemma. Immerhin kämpft er für das Recht ...
Gianrico Carofiglio ist Italiens bester (Krimi-)Autor, der John Grisham des Landes. Seine Romane um den Anwalt Guido Guerrieri genießen bei Lesern auf der ganzen Welt längst Kultstatus. Kein Wunder, sind diese doch spannend, spannender, am spannendsten. Während der Lektüre von "Eine Frage der Würde" bleibt einem keine Atempause. Ab der ersten Seite erfährt man hier mörderisch gute Unterhaltung. Zum wiederholten Male kennt Carofiglio mit seinen Lesern keinerlei Gnade. Er schreibt so fesselnd wie kein zweiter. Die Bücher aus seiner Feder haben es ziemlich in sich. Damit aber nicht genug: Diese lassen einen glauben, dass man sich tatsächlich in einem Gerichtssaal befindet und live einen Prozess beobachtet. Ein ähnlicher Geniestreich gelingt nur wenigen anderen Schriftstellern.
Ein Lesevergnügen jenseits von Gut und Böse - die Krimis von Gianrico Carofiglio entlocken dem Leser nicht nur ein ehrfürchtiges "Wow!", sondern holen außerdem den Dämon in ihm hervor. Bis zum letzten Satz von "Eine Frage der Würde" hat man das Gefühl, einen riskanten Tanz mit dem Teufel aufzuführen. Trotz aller Gefahr, die von der Story ausgeht, kann man mit dem Lesen doch nicht aufhören. Hier erfährt man nämlich ein Leseerlebnis von absoluter Weltklasse-Qualität.
Susann Fleischer
14.03.2016