Ratgeber
Unkraut - eine Frage der Definition
Egal, wie man sie nennt - Unkräuter, Beikräuter oder Ackerwildpflanzen - bei diesen Pflanzen handelt es sich gemeinhin um solche, die bei vielen Menschen, vor allem aber in der industriellen Landwirtschaft unerwünscht sind und deshalb oft mit chemischen "Waffen" bekämpft werden. Dabei wird meistens außer Acht gelassen, dass sie sich einerseits erst durch die intensive Landwirtschaft so stark ausbreiten konnten und andererseits in den meisten Fällen sehr nahrhaft sind sowie Heilkräfte besitzen, die unsere entfernten Vorfahren noch zu nutzen wussten.
Der Kräuterexperte Rudi Beiser, der schon so manches Buch über Heilkräuter geschrieben hat, hat sich in seinem neuesten Werk "Geheimnisse der Unkräuter" einmal dieser zu Unrecht ungeliebten Pflanzen angenommen und diese für Freunde der Natur und ihrer erstaunlichen Kräfte porträtiert. Dabei kommen erstaunliche Fakten zu Tage, nämlich u.a. dass viele dieser Unkräuter sehr gute Zeigerpflanzen sind, d.h. man kann anhand ihrer Existenz auf einem bestimmten Stück Erde erkennen, wie gut es um die Bodenqualität bestellt ist und welche Art von Boden vorliegt. Außerdem - was viel wichtiger ist - haben solche Unkräuter oftmals einen um ein Vielfaches höheren Nährstoffgehalt als unsere Kulturpflanzen. Diese Unkräuter sind also perfekt als Nahrungsmittel. Und noch dazu können sie Krankheiten lindern und heilen.
Konkret geht es in Beisers Buch um 30 solcher Unkräuter, darunter allseits bekannte wie Brennnessel, Beifuß oder Klatschmohn, aber auch solche, die auch Pflanzenkundigen zumindest vom Namen her eher unbekannt sind: Acker-Hellerkraut, Kriech-Quecke oder Portulak. Allerdings fällt beim Blättern im Buch und beim Betrachten der Bilder schnell auf, dass man all diese Unkräuter doch irgendwie "vom Sehen" kennt, da sie wirklich weit verbreitet sind.
Rudi Beiser ist nicht nur ein großer Pflanzenkenner, er versteht es auch, seine Liebe zu den Pflanzen und die Achtung, die er vor den Kräften der Natur hat, in seinen stets sehr fundiert geschriebenen und sehr gut strukturierten Büchern eindrucksvoll zu vermitteln. So geht man nach der Lektüre von "Geheimnisse der Unkräuter" garantiert beim nächsten Spaziergang mit anderen Augen an Äckern oder Waldrändern vorbei und betrachtet selbst das, was im eigenen Garten wächst, mit anderen Augen - und reißt es vermutlich nicht mehr so schnell achtlos aus der Erde, denn es könnte heilkräftig und nahrhaft sein.
Sabine Mahnel
18.12.2023