Erzählbände & Kurzprosa
Gruselstimmung für daheim
Seit der Erstveröffentlichung von "Dracula" gilt Bram Stoker als Gründervater des Vampirmythos und begeistert mit seinen ausgefallenen Romanen jeden Leser, der sich traut, der Furcht direkt ins Auge zu blicken. Nerven behalten muss man jedenfalls, wenn man „Draculas Gast" des Nachts liest und die Gänsehaut sich dabei unweigerlich ihren Weg zu bahnen beginnt. Sechs Gruselgeschichten sind der Stoff, aus dem Alpträume gemacht sind. Und obwohl man hier am Ende schweißgebadet aufwacht, so möchte man auf keine Seite dieses Erzählbandes verzichten und sofort wieder anfangen, sobald man das Buch geschlossen hat.
Auf nur knapp 250 Seiten begegnet man in "Draculas Gast" dem Lord der Vampire höchstpersönlich, betritt einsame Anwesen, auf dem Gespenster ihr Unwesen treiben, und muss sich seltsamen Begebenheiten entgegenstellen. Angst ist das Gefühl, das die traurigen Helden und den Leser ständig begleitet und selbst zum Ende hin nicht verlassen will. Und das darf es auch nicht, denn ohne den richtigen Nervenkitzel ist das Vergnügen an diesen Gruselgeschichten nur halb so groß und schön. Unerwartete Wendungen, mörderische Spannung und eine unheimliche Atmosphäre sind die Würze, die Bram Stokers Buch so lesenswert macht. Wie viel zu kurz geratene Thriller, die für den Zwischendurch-Genuss geradezu prädestiniert sind.
"Draculas Gast" ist ein Garant für Gänsehaut-Feeling, auf das man kaum mehr verzichten möchte, wenn man die sechs hier vereinten Gruselgeschichten liest. Jede Seite birgt in sich einen dunklen Dämon, der bei der Lektüre auszubrechen versucht - ganz ähnlich wie beim Rezipienten, der bei Bram Stokers Erzählband kaum noch an sich halten kann ob der Gefahr, die sich hier Stück für Stück auftut. Damit ist bewiesen, was längst schon jeder wusste: Die Werke des irischen Autors bedeuten Qualität in Formvollendung und schenken deshalb einen durch und durch spannenden Abend vor dem heimischen Kamin, der ebenso lange Schatten in den Raum wirft wie "Draculas Gast".
Susann Fleischer
18.04.2011