Erzählbände & Kurzprosa
Facettenreiche Magie für Fortgeschrittene
"Magic. The Gathering" ist längst mehr als das erfolgreichste und umfangreichste Sammelkartenspiel der Welt. Es handelt sich vielmehr um ein fantastisches Popkultur-Multiversum zu dem es Bücher, Computerspiele, Merchandisingprodukte und bald auch eine Netflix-Serie gibt. Mit "Magic. Comicband Eins" startet eine neue Reihe von Graphic Novels.
Im Fokus der Handlung steht Ravnica, die größte Stadt des Multiversums. Hier erfolgt ein rätselhafter Angriff auf mehrere Gildenoberhäupter. Steckt dahinter eine rivalisierende Gilde oder droht Gefahr von außerhalb? Die Gildenmeister Kaya, Ral und Vraska machen sich auf eine gefährliche Suche und durchstreifen dabei mehrere Welten des Multiversums.
Autor Jed MacKay hat sich vor allem durch seine Mitwirkung bei Marvel-Comics wie "Black Cat" oder "Moon Knight" einen Namen gemacht. Hier lässt er die Handlung mit einigen einführenden Worten beginnen. Doch schnell unterbrechen die Anschläge auf die Gildenoberhäupter die Exposition. Damit beginnt eine Dynamik von actionreichen und ruhigeren Passagen, die sich immer wieder abwechseln. So verhindert MacKay effektiv das Aufkommen von Langeweile und gibt im Folgenden immer wieder Einblicke in ein facettenreiches Magic-Multiversum. Zudem sorgt er für Spannung, indem er Kaya, Ral und Vraska bei ihrer Suche auf einige Überraschungen sowie einige bekannte Persönlichkeiten stoßen lässt.
Auf der letzten Seite hält der Autor zudem einen besonderen Höhepunkt für Kennerinnen und Kenner von "Magic. The Gathering" bereit. Die drei Hauptcharaktere gestaltet MacKay sehr heterogen und absolut stimmig. Immer wieder bleibt auch Raum für etwas Comic Relief. Trotz des erkennbaren Versuches, auch Neulinge in den Welten von "Magic. The Gathering" eine Orientierung zu bieten, dürften sich diese jedoch in einigen Passagen etwas verloren fühlen. Das liegt auch daran, dass sie mit auftretenden "All Stars" wie Jace Belearen, Teferi, Tezzeret & Co wohl recht wenig anfangen können.
Für die optische Gestaltung zeichnet Ig Guara verantwortlich, der zuvor sowohl im Marvel-Universum ("Ghost-Spider") als auch bei Star Wars ("TIE Fighter") aktiv war. Hier variiert er ansprechend immer wieder die Größe und Form der Panels, sodass überraschende Wendungen und wichtige Schauplätze auch visuell ihre volle Wirkung entfalten können. So nimmt etwa das erste Bild des gigantischen Ravnica völlig zu recht eine ganze Doppelseite in Anspruch.
Auch die Visualisierung der bekannten Charaktere aus "Magic. The Gathering" ist im Wesentlichen gut gelungen und der Wiedererkennungswert für Kennerinnen und Kenner des Sammelkartenspiels definitiv hoch. Vor allem die Hauptfiguren Kaya, Ral und Vraska haben eine sehr individuelle Körpersprache und eine ausdrucksstarke Mimik. Lediglich einige Details sind nicht ganz optimal geraten. So wirkt etwa die Frisur von Kaya in der ersten Hälfte eher wie eine Haube, weil einzelne Haarsträhnen nicht zu erkennen sind. Das ändert sich zum Glück aber im späteren Verlauf.
Als Bonus findet sich am Ende des Comics noch eine Cover-Galerie. Diese hält einige optische Leckerbissen bereit. Wünschenswert wären allerdings noch Informationen über die Macher sowie weiteres Hintergrundwissen zu "Magic. The Gathering" gewesen, das vor allem Magic-Neulingen geholfen hätte.
"Magic. Comicband Eins" ist eine actionreiche, spannende und ansprechend gestaltete Spurensuche, die vor allem denen gefallen wird, die sich im Magic-Multiversum zumindest rudimentär auskennen.
Ingo Gatzer
14.03.2022