Wissenschaften

Die wahre Geschichte des Wilden Westens

Jeder, der schon einmal "Zw?lf Uhr mittags" oder "Spiel mir das Lied vom Tod" im Fernsehen gesehen hat, glaubt zu wissen, wie der Wilde Westen tats?chlich war. Szenen von Duellen zur Mittagsstunde, beilschwingenden Indianern und kilometerlangen Planwagenkolonnen erscheinen vor dem inneren Auge, wenn man gedanklich zur Besiedlung des Westens von Nordamerika zur?ckkehrt. Doch meist stimmt dieses Bild nicht unbedingt mit der Realit?t ?berein, die im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte immer mehr mystifiziert wurden. Einen ersten Versuch der Entmystifizierung unternimmt nun Udo Sautter in seinem Lesebuch "Wie man eine Postkutsche ?berf?llt ... und andere Geschichten aus dem Wilden Westen".

In vier Themengebieten widmet sich Sautter allen wesentlichen Aspekten, die Nordamerikas Westen in das rechte Licht zur?ckr?cken. Und wie k?nnte es anders sein, Sautter er?ffnet sein Buch mit den Gaunern und Banditen, die wie niemand anderes sonst das Bild des Wilden Westens pr?gen sollten. Wenn es um Gesetzlosigkeit geht, sind altbekannte "Schurken" wie Billy the Kid und die Dalton-Bande nicht weit, die bis heute von einem Mythos umgeben sind, den Sautter zumindest aufzul?sen versucht. Daneben erwartet den Leser aber auch so manche ?berraschung: Damalige R?uber mussten nicht ungehobelt und grob sein, sie waren auch der Dichtung verfallen und hielten was auf Manieren. So zumindest war Black Bart, eine Ausnahme in der gro?en Menge der Outlaws. Und das ist nicht alles, denn auch Frauen hatten damals so einiges auf dem Kerbholz - so wie Belle Starr, die amerikanische Banditenk?nigin und R?uberbraut par excellence. Und dies sei nur eine kleine Auswahl einer Liste, die sich ins Unendliche erweitern lie?e.

Doch der Wilde Westen hatte trotz seiner Rauheit auch seine Sonnenseiten, wie einige Erfolgsstorys beweisen. Vom Gl?ck beg?nstigte Goldgr?ber konnten in Kalifornien ein Verm?gen bis an ihr Lebensende (und dar?ber hinaus) anh?ufen, der Pony Express brachte Initiator William Hepburn Russell und seinen Kumpanen zwar nicht den erhofften finanziellen Gewinn, aber zumindest hohes Ansehen bei der Bev?lkerung. Und sie sind nicht die Einzigen, die zwar allerorten geachtet wurden, aber letztendlich arm starben. Auch Mountain Charley und Calamity Jane traf dieses Schicksal. Und sie sind l?ngst nicht die einzigen. Man denke nur an die Indianer, deren Landanspr?che mit der Besiedlung des Westens zu erl?schen drohte. Sitting Bull und Geronimo sind bis heute selbst kleinen Kindern ein Begriff, auch wenn man nicht wirklich viel ?ber sie wei?. Ein Problem, das sich f?r Udo Sautter nicht stellt.

Udo Sautters Lesebuch "Wie man eine Postkutsche ?berf?llt ... und andere Geschichten aus dem Wilden Westen" ist es zu verdanken, dass nun endlich mit den vielen Mythen und Legenden rund um den Wilden Westen aufger?umt wird. Sautter n?hert sich in seinem Buch dem wahren Wesen des Landes und dessen Besiedler an, deren Geschichten sich so lesen, als w?ren sie erfunden. Und trotzdem haftet ihnen deutlich mehr Realit?t an, als es jeder Western zu vermitteln vermag. Die Kurzbiographien lesen sich wie unterhaltsame Anekdoten, die zum kurzweiligen Zeitvertreib immer wieder gerne zur Hand genommen werden. Und doch kann man ihnen einen geschichtlichen Aspekt nicht absprechen, denn ein "Lerneffekt" stellt sich unmittelbar schon auf den ersten Seiten ein. Unterhaltung mit Wissen gepaart, das ist "Wie man eine Postkutsche ?berf?llt". Schade eigentlich, dass l?ngst nicht alle "wissenschaftlichen" B?cher so angelegt sind.

Susann Fleischer
26.04.2010

 
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Das Buch:

Udo Sautter: Wie man eine Postkutsche überfällt ... und andere Geschichten aus dem Wilden Westen. Mit Illustrationen von Frank Wowra

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Freiburg: Herder Verlag 2010
158 S., € 14,95
ISBN: 978-3-451-30245-9

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