Wissenschaften

Die kuriose Welt der Tiere

Die Welt der Tiere steckt voller Geheimnisse und Kuriositäten. Zu diesen zählen zum Beispiel die  Bonobos - eine Primatenart aus der Familie der Menschenaffen -, die Aggressionen und Streitigkeiten mittels Sex lösen. Zwar dauert der Akt lediglich 13 Sekunden, aber hinterher sind die Auseinandersetzungen passé. Dieses Beispiel ist nur eines von vielen, das uns Menschen aufzeigt, dass die Tierwelt nicht nur faszinierend, sondern zugleich auch skurril erscheinen kann. Dirk Steffens hat in "Das tierische Kuriositäten-Kabinett" ein Sammelsurium voller Skurrilitäten in der Tierwelt zusammengestellt.

Vier Themenbereiche beschäftigen sich mit Dingen in der Tierwelt, die den Hobby-Zoologen interessieren dürften. Bereits in "Verliebt, verlobt, verheiratet" - mit gut 40 Seiten ein ausführliches Kapitel über das Paarungsverhalten ausgewählter Spezies - erfährt der Rezipient Erstaunliches. So liest man, dass bei Seepferdchen die Emanzipation so weit fortgeschritten ist, dass die Männchen schwanger werden und die Schmerzen einer Geburt erleben. Die Krebsart Seepocke hingegen besitzt interessanterweise einen Riesenpenis, der in Relation zur Körpergröße zu den längsten im Tierreich gehört. Ein erwachsener Mann beispielsweise würde an seiner Stelle den Alltag mit einem Vierzehn-Meter-Genital meistern müssen. Auf den folgenden Seiten erfährt man außerdem, dass Männchen nicht unbedingt gefühlvoll mit den paarungswilligen Weibchen umgehen - man denke an das Walross, die Fledermauswanze oder die Weinbergschnecke, die zwar recht harmlos wirken, es bei der Paarung allerdings ziemlich wild treiben.

Nach diesem Ausflug in das Paarungsverhalten diverser Tierarten, erlebt der Leser im folgenden Abschnitt, dass in der Wildnis das Faustrecht gilt. Bei der Krabbenspinne fressen die lieben Kinder ihre eigene Mutter, während es beim Tasmanischen Teufel genau umgekehrt ist - die Mutter frisst ihre Kinder. Beim Sandtigerhai geht es sogar soweit, dass die kleinen ungeborenen Babyhaie sich im Mutterleib gegenseitig auffressen, um überleben zu können. Da zeigt sich, dass Darwins Gesetz vom Stärkeren in der Natur seine Bestimmung gefunden hat.

Unappetitlich geht es im dritten Kapitel weiter, das sich mit "Exkrementen als Rohstoff" beschäftigt. Man gewinnt die Erkenntnis, dass Koalas als erste Nahrung Kot zu sich nehmen. Der Grund dafür ist, dass sich die Koalabären nur von Eukalyptusblättern ernähren, die die Tiere außerdem in einen Rauschzustand versetzen. Die lebensnotwendigen Nährstoffe aus dem Eukalyptus können jedoch nur mithilfe von speziellen Bakterien aus den Blättern gezogen werden. Diese "Helfer" hat der Koala allerdings nicht von Geburt an in seinem Verdauungstrakt, sondern muss sie mit "Papp" aufnehmen - einem Spezialkot, den die Koalamutter ausscheidet, um den Nachwuchs von der Milch zu entwöhnen. Neben dieser scheinbar niedlichen Tierart wissen auch der Skarabäus, die Raupenart Dickkopffalter, das Flusspferd und noch einige andere Tierarten mit ihren Ausscheidungen Nützliches anzufangen, um so ihr Überleben zu sichern.

Der letzte Themenbereich umfasst jene Spezies, die mit Spezialtalenten ausgestattet sind, sodass ihnen eine optimale Anpassung an die Umwelt garantiert wird. Da ist vom See-Elefant die Rede, der bis zu 1,5 Kilometer tief tauchen kann, oder von der Vogelart Prärieammer, deren Weibchen sich ihre Paarungspartner nach der angesagten Mode des Federkleides aussuchen. Das Spitzhörnchen hingegen ist so sehr an Alkohol gewöhnt, dass man ihm sein Promille im Blut nicht anmerkt. Ebenso erstaunlich ist der Apothekerfrosch, der bis 1960 als tierischer Schwangerschaftstest fungierte. Schüttete man über ihn den Urin der Patientin und legte das Weibchen am nächsten Tag Eier, war nämlich das Ergebnis positiv und man durfte sich auf Nachwuchs freuen.

Journalist und Tierfilmer Dirk Steffens zeigt dem Leser in "Das tierische Kuriositäten-Kabinett" auf, dass die Tierwelt nicht immer so ist, wie sie Außenstehenden erscheint. Mit einer spritzigen Sprache, die es an Humor und zugleich Charme nicht fehlen lässt, erzählt Steffens von den Skurrilitäten des tierischen Lebens. Das Erstaunliche an dem vorliegenden Buch ist die wissenschaftliche Fundiertheit des Erzählten. Auf kongeniale Weise werden zoologische Tatsachen mit Unterhaltung gemischt, sodass man immer mehr und mehr über die tierischen Erdbewohner erfahren möchte. Zumal Steffens geschickt eine Brücke zwischen Menschen- und Tierwelt schlägt, die keineswegs den Homo sapiens sapiens herabwürdigt, sondern ihn zum Teil eines Ganzen macht. Besonders weil manche Tiere Eigenschaften besitzen, von denen wir Menschen nur träumen können. Da verwundert es nicht, dass sich der Leser am Ende des Buches sogleich einen zweiten Teil zu diesem Thema wünscht. Genügend Stoff bietet die Tierwelt ja.

Susann Fleischer
21.09.2009

 
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Das Buch:

Dirk Steffens: Das tierische Kuriositäten-Kabinett. Mit Illustrationen von Oliver Weiss

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Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2009
160 S., € 8,95
ISBN: 978-3-499-62537-4

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