Wissenschaften
Eine neue Geschichtsschreibung über das alte Rom
Gaius Julius Caesar, Kaiser Augustus, Marcus Tullius Cicero, Marcus Antonius und Marcus Iunius Brutus - diese Namen berühmter Römer der Antike hat wahrscheinlich jeder schon einmal in seinem Leben gehört. Aber was ist mit Tarpeia und Hersilea, der Verräterin und der Patriotin, oder mit Lucretia und Tullia, der Jungfrau und der Hure, oder mit Cartimandua und Boudicca, der Klientelkönigin und der Rebellin, oder mit Iulia Maesa und Iulia Mamaea, den Müttern der gesamten Menschheit? Die werden in der Geschichtserzählung oftmals in die zweite, sogar dritte Reihe verbannt. Nicht aber von Emma Southon, die die Historie des Römischen Reiches in 21 Frauen dem Leser näherbringt; und das unterhaltsam, spannend und überaus informativ.
Das Römische Reich endlich aus weiblicher Sicht. Lasst uns das Drehbuch des Römischen Reiches zerreißen: Genug von Brüdermördern, Frauenräubern und Kriegsspektakel! Die Geschichte Roms ist so viel mehr: Mit Emma Southon entdecken wir, wie die Sexarbeiterin Hispala Faecenia eine Verschwörung aufdeckt, wir lernen die klügste Geschäftsfrau von Pompeji kennen, während wir die wunderbare Aussicht auf den Vesuv genießen (was kann da schon schiefgehen?), und wir begleiten Septimia Zenobia, die - nachdem sie mit ansehen musste, wie inkompetente, psychopathische und inkompetent-psychopathische Kaiser das Imperium fast zerstörten - das einzig Logische tut: Sie erklärt sich selbst zur Kaiserin ... Southon folgt 21 Frauen in Krieg, verbotener Liebe und Naturkatastrophen (sowie der einen oder anderen bacchantischen Orgie) und zeigt uns ein neues Gesicht des Reiches, das wir so gut zu kennen glaubten.
Sachliteratur, die im Geschichtsunterricht Pflichtlektüre sein sollte - das gelingt Emma Southon mit "Eine Geschichte des Römischen Reiches in 21 Frauen" auf jeder Seite. Was man mit dem vorliegenden Buch in die Hände bekommt, ist eine Art Ü-Ei in gedruckter Form und damit so herrlich anders als alles sonst im Bücherregal. Von all dem Wissen zwischen zwei Buchdeckeln dauert es nur wenige Sätze, bis es einem den Atem sowie die Sprache verschlägt und man sich ganz schwindelig fühlt. Obwohl es hier nicht um Belletristik geht, kommt Langeweile bei Southon definitiv nicht auf. Geschichtsschreibung weit entfernt vom Mainstream, alles außer nullachtfünfzehn, sondern vielmehr grandios unterhaltsam. Dass die Britin den Leser an ihrem Wissen teilhaben lässt, ist für ihn wahres Glück.
Die Lektüre von Emma Southons "Eine Geschichte des Römischen Reiches in 21 Frauen" sei jedem wärmstens ans Herz gelegt, dass sich auch nur im entferntesten für dieses Thema interessiert. Diese lohnt sich hier auf jeder Seite, sogar mit jedem Satz. Was man mit diesem Buch in die Hände bekommt, ist Sachliteratur zum Staunen und zum Ausflippen. Das jedenfalls tut man gleich nach dem Aufschlagen. Die englische Historikerin hat's echt drauf, mit ihrem Spezialgebiet den Leser zu begeistern; und zwar restlos über viele, viele Stunden lang!
Susann Fleischer
25.11.2024