Wissenschaften

Fotografien für die Ewigkeit

100 Jahre ist es nun her, dass der Brite Howard Carter und sein internationales Team im November 1922 im Tal der Könige unweit der ägyptischen Stadt Luxor die Stufen zum Grab des jung verstorbenen Pharaos Tutanchamun im Sand entdeckten. Nach über einem Jahrzehnt erfolgloser Grabungen, finanziert durch Lord Carnarvon, ist diese Entdeckung nicht nur ein Befreiungsschlag für Carter, sondern auch eine der größten Sensationen der Ägyptologie. So wertvoll und bedeutend der Fund für die Forschung war, so skandalumwittert und schwierig war die Situation politisch und völkerrechtlich: vom erhobenen Anspruch der Europäer auf die Funde bis hin zum Mythos des Fluchs, der angeblich auf denjenigen lastet, die das Grab öffneten und die Ruhe des Pharaos störten.

Abseits der Probleme und Skandale haben Carter und sein Team der Nachwelt einen unfassbaren Schatz an Ausstellungsstücken (im Museum in Kairo), Unterlagen wie Fotos, Tagebücher und Notizen (im Oxforder Griffith-Institut) und Erkenntnissen hinterlassen. Seit 1939 beherbergt das Griffith-Institut der Uni Oxford die Hinterlassenschaft Carters, d.h. seine Notizen, Zeichnungen und Tagebücher, sowie die Fotografien von Harry Burton. Letztere sind es hauptsächlich, die in das Buch "Howard Carter und das Grab des Tutanchamun", eine Publikation des Griffith-Instituts, Einlass gefunden haben.

Die Redakteure des Instituts wählten 50 Bilder bzw. Fundstücke, Skizzen und Notizen aus, um damit die Entdeckung des Grabs abzubilden und einer interessierten Laienleserschaft nahe zu bringen. Zu sehen sind Bilder der Grabungsstätte, der Fundstücke - Möbelstücke, Amphoren, Fächer, aber auch Blumenschmuck und natürlich der Sarkophag samt Inhalt - und Ausschnitte aus Carters Tagebüchern. Welchen internationalen Hype die Entdeckung des Grabs auslöste, zeigt das Bild eines Tutanchamun-Merchandises: das Brettspiel Tutoom aus dem Jahr 1923.

Begleitet werden die 50 Bilder von einem Vorwort und einer Einleitung. Sehr übersichtlich und verständlich gehalten sind die Doppelseiten, die jeweils einem Bild bzw. Objekt gewidmet sind. Ein kurzer Erklärungstext, Bildunterschriften und die Erklärung der Funde anhand von Nummerierungen, die Burton beim Fotografieren vorgenommen hat, erleichtern dem Leser Verständnis und Orientierung. Die Glasplattennegative, die Harry Burton von den Fundstücken und dem Grabungsort angefertigt hat, bestechen durch eine ungeheure Klarheit und Schärfe, so dass sie sogar mit heutiger Digitalfotografie mithalten können.

Als Betrachter dieser historischen Gegenstände und Orte wünscht man sich bisweilen, dass es zum damaligen Zeitpunkt schon Farbfotografie gegeben hätte. Unvorstellbar, wieviel beeindruckender sich die Szenerie noch präsentiert hätte, die einen schon in Schwarz-Weiß gefangen nimmt. Zu gerne würde man die prächtigen Farben des Sarkophags oder den Schmuck des Pharaos glänzen sehen - oder die Farben des Blumenschmucks, der ebenfalls noch erkennbar war - nach über 3000 Jahren!

"Howard Carter und das Grab des Tutanchamun" zeigt viele Originaldokumente erstmals in einem Bildband und lässt damit sowohl die Zeit des Pharaos im 14. Jahrhundert v. Chr. lebendig werden wie auch die Zeit Carters vor 100 Jahren. Für historisch Interessierte und Fans des Alten Ägyptens.

Sabine Mahnel 
08.08.2022

 
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Das Buch:

Richard Bruce Parkinson, Griffith-Institut (Hg.): Howard Carter und das Grab des Tutanchamun. Geschichte einer Entdeckung. Aus dem Englischen von Cornelius Hartz

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Darmstadt: wbg Philipp von Zabern 2022 144 S., € 44,00 ISBN: 978-3-8053-5323-6

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