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Die Jobswerdung des Steve Jobs

Apple II, Macintosh, iPod, iPhone - müsste jemand für "Wer wird Millionär?" eine chronologisch aufsteigende Vierer-Reihe zu Steve Jobs anfertigen, dann könnte diese tatsächlich exakt so aussehen. Doch bot das Leben dieses charismatischen Visionärs weit mehr als diese vier Produkte, die allesamt zu ihrer jeweiligen Zeit das digitale Leben des Homo sapiens sapiens enorm voranbrachten. Während der Apple II den Grundstein für den Aufstieg des Unternehmens mit dem angebissenen Apfel im Firmen-Logo legte und die Einführung des Macintosh für einen weiteren Meilenstein in der Pionierzeit der Computer-Technologie sorgte, liegt zwischen diesen Produkten und den beiden anderen eine ganze Schaffensperiode von Jobs außerhalb von Apple. Diese Zwischenjahre bei NeXT und Pixar waren es erst, die das Comeback bei Apple ermöglichten und damit den Boden für den Kultstatus von Jobs und Apple bereiteten.

Gut vier Jahre nach dem Krebstod Steve Jobs´ gingen dieser Tage beinahe zeitgleich die Verfilmung von dessen Leben mit Michael Fassbender in der Hauptrolle in den Kinos sowie die neueste Biographie von Brent Schlender und Rick Tetzeli an den Start. Erstmals war das Leben von Steve Jobs vor ziemlich genau vier Jahren in dessen Auftrag von Walter Isaacson in einer Biographie verarbeitet worden. Diese Arbeit erlangte unter anderem deswegen große weltweite Beachtung, da sie nahezu zeitgleich zu Jobs´ Tod erschienen war. Interessanterweise basiert der erwähnte Kinofilm "Steve Jobs" auf der vor vier Jahren erschienenen Biographie von Walter Isaacson. Warum also benötigt der geneigte und an Steve Jobs´ Leben interessierte Leser nun noch eine weitere Aufarbeitung von dessen Vita? Diese durchaus gerechtfertigte Frage kann mit absoluter Entschiedenheit positiv begründet werden. Schließlich sind vier Jahre ins Land gezogen, in denen sich die Welt auch für Apple weitergedreht hat und in denen die Person Steve Jobs und dessen Wirken mit einem nicht zu unterschätzenden zeitlichen Abstand und vor allem aus anderen Perspektiven betrachtet werden kann.

Wenig überraschend beginnen die beiden IT- und Wirtschaftsjournalisten Brent Schlender und Rick Tetzeli ihre Erzählung wie schon Isaacson in den fünfziger Jahren in San Francisco mit Steves Adoption und führen diese nach der kurzen Stippvisite am College in besagter Garage fort, wo der legendäre Apple I und kurz darauf der populäre Apple II das Licht der Welt erblickten. Intensiv widmen sich die beiden Autoren nach Jobs´ Abgang von Apple dessen Intermezzo bei NeXT und Pixar und beschreiben dieses als diejenigen Jahre, in denen Jobs seine Lektionen in Sachen Management lernte, die ihm, dem Marketing-Genie und Visionär mit dem ästhetischen Gespür, dann in seiner zweiten Zeit bei Apple erlaubten, tatsächlich eine Delle ins Universum zu hauen. Hätte es 1985 seinen "Rauswurf" bei Apple nicht gegeben, dann - so sind sich die beiden Autoren einig - würde Steve Jobs heute garantiert nicht als das größte oder zumindest eines der beiden größten Genies in der IT-Welt unserer Zeit gesehen werden.

Doch was macht die vorliegende Jobs-Biographie im Vergleich zu der allseits bekannten Version von Walter Isaacson aus und so besonders, dass man nochmals eine Reise durchs Silicon Valley und die letzten vier Jahrzehnte der Computer-Industrie bestreiten sollte? Während aus Isaacsons Biographie ziemlich nachhaltig die charakterlichen Beschreibungen von Steve Jobs hängengeblieben sind, konzentrieren sich Schlender und Tetzeli vor allem auf den Prozess, den Steve Jobs in seinem Berufsleben durchlaufen hat. Als fundierte Kenner der IT- und Wirtschaftsszene vermögen sie darüber hinaus viele firmen- und geschäftspolitische Entscheidungen kompetent einzuschätzen, auch bringen sie ihre Bewertungen zu den technologisch eingeschlagenen Wegen zum Ausdruck. Aus diesen Perspektiven heraus können Schlender und Tetzeli sehr plausibel und nachvollziehbar die Erfolge und Misserfolge Steve Jobs´ erklären.

Neben der Buchausgabe von "Becoming Steve Jobs" ist parallel ein Hörbuch mit zwei mp3-CDs und einer Laufzeit von knapp 16 Stunden vom Hörverlag herausgebracht worden. Die Zeit vergeht dank Thomas M. Meinhardts flüssigem Vortrag wie im Flug, vor allem wenn man einen Bezug oder besser noch ein Faible für die behandelten Entwicklungen in der IT-Welt besitzt. Verwundert mag man lediglich darüber sein, dass besagte mp3-CDs statt der vollständigen Lesung über ca. 19 Stunden, wie sie im Download verfügbar ist, eine um drei Stunden reduzierte Fassung beinhaltet. Das wäre in etwa so, als hätte man aus dem gut 500 Seiten umfassenden Werk etwa 80 Seiten herausgerissen. Dies ist zwar schade, aber dennoch trübt es nicht den hervorragenden Eindruck, den diese neuerliche und keineswegs redundante Biographie über Steve Jobs hinterlässt. Für eine derart illustre Gestalt ist nun mal eine Biographie alleine bei weitem nicht ausreichend, da bedarf es durchaus unterschiedlicher Blickwinkel, um dessen Tun und Treiben verstehen zu können. Wenn dann auch noch zwei erwiesene Experten wie Schlender und Tetzeli ihre Arbeit verrichtet haben, muss schließlich eine uneingeschränkte Lese- bzw. Hörempfehlung ausgesprochen werden!

Christoph Mahnel
21.12.2015

 
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Das Buch:

Brent Schlender, Rick Tetzeli: Becoming Steve Jobs. Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr, Martin Bayer, Heike Schlatterer

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Sprecher: Thomas M. Meinhardt
München: Der Hörverlag 2015
Spieldauer: 967 Min., € 26,99
ISBN: 978-3-844-52077-4

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