Hörbücher

Die Renaissance des Jules Maigret

Das 21. Jahrhundert scheint eine ewig währende Renaissance des Jules Maigret zu sein. Der Kommissar vom Quai des Orfèvres hatte einst im Winter anno 1929/30 das literarische Licht der Welt erblickt und kam dank seines Schöpfers Georges Simenon in insgesamt 75 Romanen und zahlreichen Kurzgeschichten bis in die siebziger Jahre hinein zum Einsatz. Seit der Neuauflage sämtlicher Werke Simenons durch den Zürcher Diogenes vor einigen Jahren ist geradezu ein Hype um den pfeiferauchenden Kommissar mit Hut entstanden. Parallel zu den Büchern hatte der Diogenes Verlag auch noch einige ungekürzte Lesungen ausgewählter Maigret-Romane auf den Markt gebracht.

Doch es existierten darüber hinaus bereits sehr viele Hörspielproduktionen aus den Rundfunkhäusern der ARD. Der Audio Verlag hat die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und die gelungensten dieser Hörspiele gebündelt und neu aufgelegt. Bereits im vergangenen Jahr war eine Hörspielbox mit dem Titel "Maigret - Die besten Fälle" erschienen, nun folgt mit "Maigret - Die spannendsten Fälle" die zweite Runde. Auf insgesamt fünf CDs wurden vier grandiose Hörspielproduktionen des SWR aus den fünfziger und neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgegraben und neu auf den Markt gebracht.

Zwei der vier Hörspiele haben bereits mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. Aus dem Jahre 1959 stammen die beiden Hörspiele "Maigret und sein Revolver" sowie "Maigret und die Unbekannte". Letzteres trägt in der Neuauflage bei Diogenes den Titel "Maigret und die junge Tote" und war dort als ungekürztes Hörbuch gelesen von Gert Heidenreich bereits ein großer Erfolg. An diesen beiden Exemplaren lässt sich der Unterschied zwischen gelesenem und gespieltem Buch sehr gut verdeutlichen. Obgleich Simenon nie ein Freund ausschweifender Worte war, nimmt das Hörbuch gegenüber dem kurzen und knackigen Hörspiel beinahe epische Züge an. Wer es demnach spannend mag und sofort auf den Punkt kommen möchte, ist mit der vorliegenden Hörspielbox perfekt bedient.

Während in den antiken Hörspielen Leonard Steckel die Rolle des Maigret sprach, zeichnete in den beiden anderen Produktionen aus den Neunzigern Joachim Nottke für die Hauptrolle verantwortlich. Neben "Maigret vor dem Schwurgericht" ist dies die zwei CDs umfassende Produktion "Maigret und die Affäre Saint-Fiacre", die nicht nur wegen ihrer Länge das Highlight dieser Hörspielbox bildet, sondern weil sie Maigrets persönlichsten Fall beinhaltet. Maigret kehrt aufgrund eines angekündigten Todes an den Ort seiner Kindheit zurück. Einst war sein Vater der Gutsverwalter am Schloss Saint-Fiacre, nun ist das gesamte Anwesen heruntergewirtschaftet und die Gräfin tot. Der Hörer erfährt sehr viele Details über Maigrets Kinder- und Jugendjahre, über seine Eltern und seine Herkunft. Für Maigret-Historiker bietet dieser Fall eine Fülle an Informationen.

Unterstützt wird Maigret in den vier Fällen wie immer getreu von seiner Inspektoren. Lucas, Lapointe oder Janvier, wer auch immer, irgendeiner von ihnen beschattet stets zuverlässig den Hauptverdächtigen oder gibt Maigret aus der Telefonzelle am Bahnhof Auskunft über die neuesten Entwicklungen. Ein Handy kannte Jules Maigret nämlich noch nicht. Von Maigret kann man einfach nicht genug bekommen, jeder Fall mit dem famosen Kommissar ist eine Reise in die Vergangenheit, in ein Paris oder in eine Ecke Frankreichs aus einer vergangenen Zeit. Die gelungenen Vertonungen des SWR führen dazu, dass auch dieses Produkt von Maigret-Fans als unverzichtbar und herausragend deklariert wird. Unterirdisch ist leider wie auch schon bei der letzten Hörspielbox die Qualität der CD-Hüllen. Jules Maigret würde die vor sich hinbröselnden Plastikverkleidungen der flachen Scheiben mit dem kleinen Loch in der Mitte sicherlich mit einem missbilligenden, aber vielsagenden Blick quittieren.

Christoph Mahnel
16.02.2015

 
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Das Buch:

Georges Simenon: Maigret – Die spannendsten Fälle

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Sprecher: Leonard Steckel, Joachim Nottke, Matthias Ponnier, u.v.a.
Berlin: DAV 2015
Spieldauer: 265 Min., € 19,99
ISBN 978-3-862-31495-9

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