Hörbücher
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Seit einigen Jahren sieht man erwachsene Menschen kreuz und quer durch die Natur rennen, den Blick stets auf eine Art Uhr in ihrer Hand gerichtet, um kurz darauf einen Freundenschrei ob des Gegenstandes auszusto?en, den sie an einer bestimmten Stelle gefunden haben. Geocaching hei?t dieses Hobby, das sich dank der rasanten Entwicklung und der damit einhergehenden Pr?zision von GPS-Ger?ten zu einem der am schnellsten verbreitenden Hobbys im vergangenen Jahrzehnt aufgeschwungen hat. Kurzum l?sst sich Geocaching als moderne Variante der Schnitzeljagd bezeichnen, denn w?hrend einer etwas versteckt, muss der andere dieses Versteck aufsp?ren, und zwar anhand einer Beschreibung, die in diesem Falle lediglich aus den Koordinaten des Zielortes besteht.
In Ursula Poznanskis neuestem Werk "F?nf" wird die Leiche einer Frau gefunden. Auf deren Fu?sohle ist eine Zahlenkombination eint?towiert, die sich als Koordinaten in L?ngen- und Breitengraden erweist. Die beiden ermittelnden Beamten Beatrice Kaspary und Florin Wenninger werden rasch in eine nicht enden wollende Schnitzeljagd hineingezogen, denn auch am ersten Zielort finden sich ein Leichenteil und Koordinaten als Hinweis auf einen weiteren Geocache.
Die Autorin enh?llt bez?glich der Protagonistin Beatrice parallel zum Kriminalfall deren Privatleben. Als alleinerziehende Mutter leidet sie unter ihrem terrorisierenden Ex-Mann, der alles daran setzt, einen Keil zwischen sie und ihre Kinder zu treiben. Dabei erf?hrt man so einiges ?ber ihre Vergangenheit, unter anderem auch dar?ber, warum sie sich dem Polizeidienst verschrieben hat. Des Weiteren sind ihre Beziehung sowie Empfindungen zu ihrem Kollegen Florin nicht eindeutig gekl?rt. Dieser ist zwar frisch verliebt, jedoch nicht in Beatrice. Alles in allem sind dies nicht unbedingt beste Voraussetzungen f?r die Ermittlungsarbeit, die auch dadurch eine pers?nliche Note erf?hrt, dass der "Owner" Beatrice direkt in die Suche miteinbezieht und mit ihr in SMS-Kontakt steht. Gibt es etwa ein ungel?stes R?tsel aus Beatrices Vergangenheit, das im Zusammenhang mit den Morden steht?
Ursula Poznanski hat die Handlung von "F?nf" in ?sterreich auf dem Land bei Salzburg angesiedelt, was einen Hintergrundrahmen bildet, der etwas Neues und Erfrischendes mit sich bringt, da es sich ausnahmsweise nicht um einen deutschen Gro?stadtkrimi oder einen Schwedenkrimi handelt. Die Autorin hat den Plot dar?ber hinaus mit sympathischen Charakteren versehen, die insbesondere auch aufgrund der Darstellung der privaten Nebenschaupl?tze glaubhaft und nachvollziehbar r?berkommen.
Der unbedarfte Leser wird genauso wie Beatrice im Laufe des Falles zum Geocaching-Experten ausgebildet. Poznanski hat eine v?llig neue Idee erstmalig in der Kriminalliteratur platziert und diese verst?ndlich und gelungen pr?sentiert. "F?nf" ist eine von vorne bis hinten insgesamt gut durchdachte und umgesetzte Story mit einer ?berraschenden, aber zugleich v?llig schl?ssigen Aufl?sung des Falles, die bei Leser und H?rer h?ngen bleiben wird - anders als bei vielen anderen Krimis, wo die Aufl?sung oftmals als Nachklapp versandet und schnell in Vergessenheit ger?t.
Die Lesung der gek?rzten H?rbuchfassung erfolgt ?ber knapp acht Stunden hinweg durch Nicole Engeln, die sich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach und erfolgreich als Sprecherin von Krimis und Thrillern bewiesen hat. Im vorliegenden H?rbuch ?berzeugt sie mit einer emotionalen Lesung, die an denjenigen Stellen, wo die Protagonisten in Angst verfallen, deren Panik und Verzweiflung stimmlich gelungen transportiert.
Die geb?rtige Wienerin Ursula Poznanski war zuvor haupts?chlich als Jugendbuchautorin in Erscheinung getreten, w?hrend "F?nf" ihr erster Nicht-Jugendroman ist. Diese schriftstellerische Vergangenheit schl?gt sich auch im Schreibstil ihres neuesten Werks nieder, denn Poznanski konzentriert sich - ?hnlich wie dies in Jugendromanen durchg?ngig gehandhabt wird - v?llig auf die Haupthandlung und l?sst abgesehen vom Privatleben der beiden Polizisten kaum Nebenstr?nge bzw. Nebenschaupl?tze zu.
Der H?rer wird im Laufe der Geschicht stets an der Stange gehalten und ist beim Mitraten eng eingebunden, obgleich sich an manchen Stellen die schnellen und logischen Schl?sse, die die Kommissare ziehen, doch als ?berraschend und nicht immer im selben Tempo nachvollziehend erweisen. Dennoch ist "F?nf" ein mehr als gelungener Krimi, der vom Anfang bis zum Ende die Spannung hochh?lt, so dass Ursula Poznanski mit dem Ermittlerduo gerne wieder um die Ecke kommen darf, insofern in der l?ndlichen Abgeschiedenheit ?sterreichs weitere Morde mit einem derart originellen Hintergrund geschehen.
Christoph Mahnel
26.03.2012