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Eine Geschichte vom langen Warten auf das Wunder

Die Lebensgeschichte Valentin Sengers hört sich derart unglaublich an, dass man sie, wäre sie Fiktion, ungläubig kopfschüttelnd ins Reich der Märchen verweisen oder zumindest als hollywoodreife Story abtun würde: Senger lebt am Vorabend des großen Weltenbrandes mit seinen Eltern und den beiden Geschwistern in Frankfurt am Main, in der "Kaiserhofstraße 12", einer Seitenstraße der überregional bekannten Freßgass´. Die Familie Senger ist jüdischer Herkunft und kommunistisch engagiert. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten sind sie damit in doppelter Weise gefährdet, und die dunklen Wolken ziehen sich über ihr immer mehr zusammen.

Valentin Senger wurde 1918 in Frankfurt am Main geboren, wodurch ihm ob der Entwicklung im Deutschland der Zwischenkriegsjahre eine unbeschwerte Kindheit und Jugend verwehrt bleib. Seine Mutter hat - die schrecklichen Dinge vorausahnend - Valentin und seine beiden Geschwister Paula und Alex zu einer grundsätzlichen Haltung von Inaktivität und Demut erzogen, die Valentin zeit seines Lebens zu schaffen machte und das Verhältnis zu seiner Mutter nachträglich erheblich belasten sollte. Doch war es letztlich das richtige Rezept in einer zwölf Jahre andauernden Periode des Wartens, einer zermürbenden Zeit, in der die gesamte Familie Senger jeden Augenblick damit rechnen musste, dass SA oder SS vor ihrer Türe stehen würden.

Der Hörer verfolgt mit staunendem Mund, welch glücklichen Weg das Leben der Familie Senger durch das Minenfeld des Dritten Reiches genommen hat. Zu vielen Zeitpunkten war eine Denunziation durch Kollegen, Nachbarn, Klassenkameraden etc. unumgänglich - und dies im ständigen Bewusstsein der fürchterlichen Folgen. Doch haben es Valentin Senger und seine Familie mit viel Glück und Geschick geschafft, inmitten von Frankfurt die Kriegsjahre bis 1945 zu überleben. Oft waren es die individuellen Lichtblicke - gute Taten einzelner Personen im Rahmen des grausamen Regimes -, die Valentin Senger und seine Familie vor dem Unausweichlichen retteten - sei es der Polizeimeister Kaspar, der die behördlichen Akteneinträge der Familie fälschte, oder Arzt Hanf-Dressler, dem die Beschneidung Valentins nicht unbemerkt blieb. Sie schwiegen oder gingen gefährliche Risiken ein, um letztlich das große Wunder in der Kaiserhofstraße 12 zu ermöglichen.

Der Schauspieler Walter Renneisen liest die gekürzte Hörbuchfassung des 1978 erstmals veröffentlichten Buches mit der angebrachten Sachlichkeit. Knapp sechs Stunden dauert die in Kooperation mit hr2 erschienene Produktion und umfasst vier CDs. Valentin Senger, der 1997 verstarb, war selbst jahrelang Redakteur beim Hessischen Rundfunk. Seine Vergangenheit als Kommunist hatte ihm die deutsche Staatsbürgerschaft bis in die Achtziger Jahre hinein verwehrt - obwohl Senger in Frankfurt geboren war und er sich infolge einer Auseinandersetzung mit der kommunistischen Partei bereits lange zuvor von dieser abgekehrt hatte.

Selten haben Leser und Hörer einem Happy End mehr entgegengefiebert als in diesem Falle. Das Überleben Valentin Sengers ist eine der Geschichten, wie sie nur das wirkliche Leben schreiben kann.

Christoph Mahnel
15.03.2010

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