Hörbücher
Liebe, Verlust und Schuld
Elijahs Träume von einer Karriere als Schriftsteller sind geplatzt, als er als Mittdreißiger und nach einem Flop mit seinem Kriminalroman "Middletide" in seine Heimat Point Orchads zurückkehrt. 15 Jahre zuvor hatte er seine idyllische Heimat inmitten der Natur des pazifischen Nordwestens der USA in Richtung San Francisco verlassen, um dort - wie er dachte - Schriftsteller zu werden. Mittlerweile ist sein Vater gestorben und die alte Hütte mitten im Wald, in der Elijah aufgewachsen ist, ist mehr zerfallen, als dass sie noch bewohnbar ist.
Dennoch lässt Elijah sich dort nieder, versucht, das alte Haus wieder herzurichten, bestellt den Gemüsegarten und schafft sich Hühner an. Er lebt als Selbstversorger zurückgezogen, relativ mittellos und hat nur wenig Kontakt zur Außenwelt. Allerdings hofft er, seine Jugendliebe Nakita, die er einst in Point Orchads zurückgelassen hat, um in der großen Stadt Karriere zu machen, wieder für sich gewinnen zu können. Nakita hatte zwischenzeitlich geheiratet, jedoch ihren Mann durch einen tragischen Unfall verloren.
Doch Elijahs Pläne laufen nicht wie geplant. Nakita ist nicht bereit, ihm zu verzeihen, dass er damals fortgegangen und nicht - wie versprochen - zurückgekehrt ist. Als dann auf Elijahs Grundstück eine Leiche gefunden wird und er als Tatverdächtiger Nummer eins gilt, ist sein Leben auf einem neuen Tiefpunkt angekommen. Die Leiche ist ausgerechnet die Ärztin Erin, mit der Elijah einige Zeit zuvor eine Liebschaft angefangen hatte, die er aber schon bald wieder beendet hatte. Seltsamerweise hat der Mörder die Tat ganz genauso gestaltet wie Elijah die Geschichte in seinem Buch "Middletide". Wer kannte das ansonsten so erfolglose Buch und wer will Elijah einen Mord anhängen?
Sarah Crouch, die der Weltöffentlichkeit bisher als Marathonläuferin bekannt war, hat mit "Middletide - Was die Gezeiten verbergen" ihren Debütroman vorgelegt. "Middletide" spielt ganz wunderbar mit der atmosphärischen Landschaft des pazifischen Nordwestens der USA, wo Crouch selbst aufgewachsen ist. Außerdem kreiert sie eine schmerzhafte, aber sehr gefühlvolle Geschichte über verlorene Liebe, lebenslange Freundschaft und die Verbundenheit zur Heimat. Hinzukommt ein Kriminalfall, der allen - bis auf Elijah, Nakita und deren Vater - glasklar zu sein scheint.
Gelesen wird dieser spannende und gefühlvolle Roman, der die Leser an "Der Gesang der Flusskrebse" von Delia Owens erinnern wird, von Torben Kessler. Den Hörbuch-Fans ist Kesslers Stimme noch als Sprecher der Joël-Dicker-Romane, wie "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" oder "Die Geschichte der Baltimores" bekannt, die ähnlich im Ohr und Gefühl bleiben wie nun auch "Middletide" - woran Torben Kessler keinen unwesentlichen Anteil hat.
In "Middletide - Was die Gezeiten verbergen" kann man dank Torben Kessler und der atmosphärischen Liebes-Kriminal-Geschichte von Sarah Crouch voll und ganz abtauchen und am Ende mit einem lang nachhallenden Gefühl wieder auftauchen, enttäuscht, dass es schon vorbei ist.
Sabine Mahnel
14.04.2025