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Gesellschaftspanorama im Arabischen Frühling

Die arabische Welt erlebt Anfang 2011 eine Welle von Protesten und Aufständen gegen die autoritär herrschenden Regime, u.a. in Tunesien, Libyen, Algerien, Saudi-Arabien und Ägypten. Letzteres, genauer gesagt der Tahrir-Platz in Kairo ist nicht nur Schauplatz der Aufstände des Arabischen Frühlings, sondern auch einer der Schauplätze des neuen Romans von Alaa al-Aswani, einem der bekanntesten Schriftstellers Ägyptens. Al-Aswani, der seit einigen Jahren im Exil in den USA lebt, war selbst einer der Aufständischen auf dem Tahrir-Platz. Jahre später hat er mit "Die Republik der Träumer" einen Roman über die Situation in Kairo Anfang 2011 geschrieben.

Die 18 Tage des Aufstandes erlebt man als Leser aus der Perspektive verschiedener Personen; beginnend mit dem bigotten Geheimdienstchef Ahmed Alwani und dessen Tochter Dania, einer jungen Medizinstudentin, die sich trotz der Position ihres Vaters auch an den Protesten beteiligt und dabei mit ansehen muss, wie ihr Freund Khaled von einem Offizier per Kopfschuss hingerichtet wird.

Eine weitere zentrale Person ist der alternde, nur wenig bis gar nicht erfolgreiche, ehemalige Schauspieler Ashraf Wissa, der vom Vermögen seiner Familie lebt und schon seit Jahren nur noch eine Ehe auf dem Papier führt. Statt mit seiner Ehefrau teilt er mit seinem Dienstmädchen Ikram das Bett. Wissa wohnt unweit des Tahrir-Platzes und bietet den Aufständischen seine Wohnung als Treffpunkt und Quartier an.

Die zielstrebige TV-Journalistin Nurhan versteht sich besonders auf die Kunst, immer den richtigen Mann zu heiraten, der ihr nicht nur privat ein angenehmes Leben verschaffen kann, sondern auch ihrer Karriere als Moderatorin zuträglich sein kann. Nach ihrer Ehe mit dem Direktor eines Zementwerks, ehelicht sie einen Millionär, der kurzerhand einen eigenen TV-Sender gründet und sie zu seiner Chef-Moderatorin macht.

Besagtes Zementwerk ist auch der Arbeitsplatz des jungen Mazen, dessen aufblühende Romanze mit der Lehrerin Asma in einem charmanten Briefwechsel zwischen die Episoden all der anderen Protagonisten eingestreut ist.

Vom religiösen Führer über den Geheimdienstchef bis zum jungen Medizinstudenten aus ärmlichen Verhältnissen und einer TV-Journalistin, die nicht davor zurückschreckt, sich ihren Weg nach oben zu schlafen, ist bei dem Gesellschaftspanorama, das al-Aswani von der Zeit des Arabischen Frühlings zeichnet, alles dabei. Für all diese Menschen haben die Aufstände, die Mubarak stürzten, aber nicht in der gewünschten Demokratie endeten, eine einschneidende Veränderung in ihrem Leben bedeutet.

Der Roman des Schriftstellers und Zahnarztes al-Aswani ist in Ägypten verboten und wurde lediglich in Beirut im arabischen Original veröffentlicht. In Deutschland wurde der Roman nun zum zehnten Jahrestag der Revolution auf den Markt gebracht und stellt eine interessante und sehr willkommene Abwechslung auf dem hiesigen Buchmarkt dar. Mit seiner Geschichte über eine Gesellschaft, die der Korruption und der Unterdrückung überdrüssig war, schuf al-Aswani ein Werk, das die sonst nur in nüchterner Form stattfindende Berichterstattung auf literarische Weise ergänzt und dem Bild, das die westliche Welt von der arabischen Welt hat, vielleicht noch eine weitere, bisher unbekannte Facette hinzufügt.

Für die ungekürzte Lesung des Romans wurde der Schauspieler und geübte Hörbuchinterpret Torben Kessler engagiert, der nicht nur eine sehr angenehme Stimme mit einem hohen Wiedererkennungswert, sondern auch ein Talent für das Treffen der richtigen Töne hat. Es ist ein besonderes Vergnügen, wenn man mit Kesslers Stimme und einer guten Romanvorlage wie al-Aswanis "Republik der Träumer" 15 Stunden lang in eine ganz andere Welt abtauchen darf.

Sabine Mahnel
21.06.2021

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