Hörbücher
Happy End in Lauterbach
Henning Bröhmann ist wieder zurück bei der Polizei. Nachdem er viele Jahre nur Dienst nach Vorschrift geleistet hatte, besann er sich in seiner selbstverordneten, aber für ihn keineswegs zufriedenstellenden Auszeit nicht nur darauf, seinen Job wieder aufzunehmen, sondern diesen auch fortan mit ungezügeltem Ehrgeiz wahrzunehmen. Dies ist nach dem Fund einer Leiche im Schwimmbad eines Lifecoaching-Balance-Schnickischnacki-Instituts in Mücke auch dringend nötig. Dass Philipp Cuntz, einer der beiden Gründer, aufgrund seiner Herzprobleme das Zeitliche gesegnet haben soll, will Henning Bröhmann einfach nicht wahrhaben. Viel zu suspekt ist ihm das affektive Gehabe und merkwürdige Gebaren der Menschen in diesem Institut.
Er ist wieder da: Henning Bröhmann, Besitzer einer Doppelhaushälfte in Bad Salzhausen, Kommissar in der Polizeidirektion Alsfeld und glücklich verheirateter Vater von vier Kindern. Man erkennt den einst antriebslosen Gesetzeshüter kaum noch wieder, so engagiert geht er nun seiner Profession nach. Liegt dies etwa am bevorstehenden fünfzigsten Geburtstag, der Henning mehr beschäftigt, als er gedacht hatte und zugeben mag? Will Henning es noch einmal richtig wissen? Doch auch das andere Ende auf der Einstellungsskala sorgt für mächtigen Trubel bei der Vogelsberger Polizei. Einen Alleingang nach dem anderen unternimmt Henning, ignoriert seine beiden Kollegen Ralf und Rolf sowie seinen Vorgesetzten, und zu allem Übel verheddert er sich emotional auch noch mit Daria, der jungen Trainerin in besagtem Institut. Die Polizei Alsfeld scheint unausweichlich auf ein Ermittlungsdesaster hinzusteuern.
Zum sechsten und wohl auch letzten Mal lässt Dietrich Faber in "Sorge dich nicht, stirb!" seinen Kommissar Bröhmann ermitteln. Später wird man von den Zehnerjahren als der Dekade sprechen, in der Regionalkrimis dank Faber und Bröhmann ihre Blütezeit erlebten. Anno 2011 war mit "Toter geht’s nicht" das Debüt der beiden erschienen. Weitere Abenteuer folgten je nach Schaffensphase des Autors in manierlichen Ein- bis Zweijahresabständen. Anders als bei vielen ähnlich konstruierten Reihen ist jede Bröhmann-Folge ein unvergessliches und prägendes Erlebnis gewesen. Faber ist dies dank seiner starken Ausgestaltung der Charaktere im Hause Bröhmann sowie genialer Sidekicks wie Manni Kreuzer oder dem einzigartigen Teichner gelungen. Wenn im vorliegenden letzten Fall der Rainröder Barde mit der unverwechselbaren verbalen Zielsicherheit die Bühne betritt, ist man als Kenner der Reihe geneigt, wie ein Teenie beim Auftritt der Lieblingsband laut aufzuschreien.
Bei aller Liebe zum gedruckten Buch fällt die Wahl des bevorzugten Mediums hier ganz eindeutig zugunsten der Hörbuch-Ausgabe aus. Dietrich Faber höchstpersönlich liest seine eigene Geschichte komplett vor und brilliert dabei als Comedian, der er von Haus aus eigentlich ist. Songs von Manni Kreuzer intoniert er dabei, so dass diese integrierten Live-Auftritten gleichkommen, auch die Dialekte der Vogelsberger und Anreiner an den erloschenen Vulkan beherrscht Faber wie kein Zweiter. Doch nach knapp sechs Stunden ist die wunderbare und ungekürzte Geschichte schließlich vorbei, leider! Man bleibt traurig zurück, da - ohne zuviel vorwegzunehmen - die Reise des Henning Bröhmann letzten Endes eine Richtung eingeschlagen hat, die wohl keine weiteren Kriminalfälle mehr in sich bergen wird. Es bleibt ein winziger Funken Hoffnung, dass Dietrich Faber sich vielleicht einen Ruck gibt und in seinem bevorstehenden sechsten Lebensjahrzehnt Henning Bröhmann nochmal einen Twist versetzt, der in ein weiteres Abenteuer münden wird.
Zur Kompensation bietet Faber allerdings ein Begleitprogramm zum vorliegenden Buch, das seinesgleichen sucht. Mit seiner Bühnenshow, die ein Mix aus Lesung, Comedy-Show und Gesangseinlagen ist, tingelt er nun durch die hessischen Lande. In seiner Wahlheimat Gießen wird in wenigen Tagen die Premierenshow stattfinden, anschließend hat er unzählige Auftritte auf den Brettern der hessischen Provinz. Ob in Atzbach, Lollar, Schotten, Altenschlirf oder Ulrichstein, der Run auf die heißbegehrten Karten hat bereits eingesetzt. Auch wenn Henning Bröhmann mit "Sorge dich nicht, stirb!" tatsächlich Geschichte sein sollte, dürfen die Fans von Dietrch Faber berechtigterweise auf weiteren Output des mittelhessischen Allrounders hoffen.
Christoph Mahnel
25.11.2019