Bildbände

Der Sockel für Simenons Denkmal

Gerne werden Romanfiguren und ihre Schöpfer vom Leser synonym gesehen, insbesondere wenn es sich um Folgetäter handelt, wie bei Sir Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes, Mankell und Wallander oder wie beim bedeutendsten Paar des 20. Jahrhunderts: Jules Maigret und Georges Simenon. Im vorliegenden Buch liegt allerdings ausnahmsweise einmal der Fokus ganz auf dem berühmten belgischen Schriftsteller selbst: Georges Simenon, 1903 in Lüttich geboren, gehört zweifelsohne zu den berühmtesten Schreibern seiner Zeit. Viele behaupten sogar unumwunden, dass er der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gewesen ist.

Grund genug für den Schweizer Diogenes-Verlag, ein mehrere Jahre umfassendes Programm zur Würdigung dieses Autors aufzusetzen: Verteilt auf eine Periode von drei Jahren hat man im Zweiwochentakt die Maigret-Romane Simenons neu aufgelegt und veröffentlicht, bis vor kurzem mit Numero 75 der letzte Roman mit dem Pariser Kommissar erschienen ist. Darüber hinaus hat man einige dieser Romane mit hervorragenden Sprechern vertont und als Hörbucher auf den Markt gebracht, zusätzlich ist ein Sammelband mit allen Maigret-Kurzgeschichten erscheinen, ein Wälzer mit weit über tausend Seiten. Als abschließende Laudatio ist nun ein Bildband über das Leben Simenons veröffentlicht worden, für den Simenons Sohn John das Familienarchiv geöffnet hat und bis dato der Öffentlichkeit nicht zugängliche Bilder in dieses großartige Werk hat einfließen lassen.

"Georges Simenon. Sein Leben in Bildern" ist eine Würdigung des Lebenswerks Simenons und für jeden Maigret- bzw. Simenon-Fan ein Muss! Wer verstehen will, welcher Mensch hinter der Schreibmaschine gesessen hat, auf der die fesselnden Kriminalromane im Paris des frühen und mittleren 20. Jahrhunderts geschrieben worden sind, wird hier fündig. In insgesamt achtzehn Kapitel wird das Leben und Schaffen Simnons vor allem reichhaltig bebildert. Einleitend finden sich stets ein paar Absätze zum eigentlichen Thema des Kapitels. Anschließend lässt man Bilder sprechen und schiebt an den passenden Stellen Zitate Simenons ein. Knapp die Hälfte der achtzehn Kapitel ist mit einer chronologischen Ordnung versehen und dokumentiert die verschiedenen Stationen und Epochen im Leben von Georges Simenon.

Bereits im Vorwort wird deutlich, dass Simenon ein glücklicher Mensch war, zumindest wird dies aus einem Text im Herbst seines Lebens ersichtlich. Für Maigret-Fans finden sich interessante Details zum Beispiel zur Legendenbildung rund um die Entstehung der Maigret-Romane in den Jahren 1929/30. Wer wissen will, welche Schreibgewohnheiten Simenon zeit seines Lebens pflegte, enthält Einblicke in das Schaffen des Meisters. Jegliche Bilder, seien es private oder öffentliche Aufnahmen oder auch Kinoplakate und Buchcover, stets findet man eine ausführliche Fußnote mit Jahresangaben und kurzen Hintergrundinformationen. Das Buch wird im Anhang abgerundet mit einer ausführlichen Zeittafel über die wichtigsten Ereignisse in Simenons Leben, mit einer Bildergalerie voller Portraits Simenons von 1914 bis kurz vor seinem Tod, einer weiteren mit Aufnahmen seiner Häuser und einem detaillierten Bildernachweis für alle 636 im vorliegenden Buch gezeigten Aufnahmen.

Am Ende des Lesens und Blätterns in diesem großartigen Werk, das seinen stattlichen Preis von 49 Euro definitiv wert ist, fragt man sich, wem man dankbarer sein muss: Georges Simenon für sein Lebenswerk und die zeitlosen Maigret-Romane oder dem Diogenes-Verlag, der für seine Bemühungen zur Anerkennung von Simenons Opus wahrhaftig einen Standard auf Jahrzehnte hin gesetzt hat und mit dem vorliegenden Werk den Sockel für das Denkmal Simenons geliefert hat.

Christoph Mahnel
19.07.2010

 
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Das Buch:

Daniel Kampa, Regina Kaeser u. a.: Georges Simenon. Sein Leben in Bildern

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Zürich: Diogenes Verlag 2009
335 S., € 49,00
ISBN: 978-3-257-06711-8

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