Romane

Die satirische Demontage des vielleicht mächtigsten Mannes der Welt

Russland, 2035: Nikolai Schermetew ist ein guter Krankenpfleger. Von Politik versteht er jedoch nichts. Noch nie hat ihn interessiert, wer im Kreml gerade wem was tut. Für ihn ist das ganze Geschäft wie eine trübe Suppe, in der er nicht rühren will. Gäbe es da nicht ein unwesentliches Detail: Sein Patient heißt Wladimir Wladimirowitsch Putin, der einst vielleicht mächtigste Mann der Welt. Inzwischen hat der ehemalige Präsident keinen Einfluss mehr auf die Wirtschaft oder das Volk. Er vegetiert in seiner Datsche unweit Moskaus vor sich hin, glaubt sich allerdings noch immer an der Herrschaft. Der 82-Jährige ist nämlich senil. Nikolai muss sich rund um die Uhr um ihn kümmern. Nicht einmal sich selbst anziehen kann sich Putin noch.

Dem restlichen Personal kommt dies aber mehr als gelegen, um im Palast alles mitgehen zu lassen, was nicht niet- und nagelfest sind. Kaviarlöffel und Möbel sind da nur der Anfang. Nikolai hingegen läuft völlig ahnungslos und mit Babyfon bewaffnet einem zu Wutausbrüchen neigenden Putin hinterher. Damit ist es jedoch vorbei, als er erfährt, dass seinem Neffen wegen geäußerter Regimekritik der Prozess gemacht werden soll. Nach Pavels Meinung sei der neue russische Präsident ein Bandit, ein Empfänger von Erpressungen und ein Stimmenkäufer. Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, braucht der brave Nikolai sehr schnell sehr viel Geld - dreihunderttausend(!) Dollar, um die Richter milde zu stimmen. Kein leichtes Unterfangen ...

Wer nach den ersten Sätzen von "Mächtig senil" noch nicht lacht, der hat keinen Sinn Humor. Michael Honig löst bei seinen Lesern große Begeisterung aus. Kein Wunder, denn seine Geschichten zeugen von bittersüßer Ironie eines Timur Vermes. Der britische Autor ist einfach nur genial. Was seiner Feder entstammt, ist Literatur, die alles andere als nullachtfünfzehn ist. Ihm gelingt mit seinen Romanen überaus unterhaltsamer Lesespaß über viele, viele Stunden. Bei der Lektüre lacht man Tränen. Und nach der letzten Seite hat man Muskelkater ob so viel und so geistreichen Wortwitz, wie man ihn nur selten zwischen zwei Buchdeckeln zu finden vermag. Dann also ab zur nächsten Buchhandlung, die Story gekauft und dann lesen, lesen, lesen!

Politisch inkorrekt, amüsant, respektlos - "Mächtig senil" gehört definitiv zu den (Satire-)Highlights dieses Jahres. Michael Honig macht Schluss mit so etwas wie Leselangweile. Seine Werke sorgen für beste Laune bei Männern wie Frauen. Eigentlich sollte es sein neuestes auf Rezept geben. Denn es wirkt wie ein Antidepressivum.

Susann Fleischer
15.08.2016

 
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Das Buch:

Michael Honig: Mächtig senil - Die unglaublichen Pflegejahre des Wladimir P. Aus dem Englischen von Henriette Zeltner

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München: Droemer Verlag 2016
384 S., € 14,99
ISBN: 978-3-426-30526-3

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