Romane

Ein Historienschmöker par excellence

Ulm im 16. Jahrhundert: Agathe Streicher ist elf, als sie mit dem Tod konfrontiert wird. Selbst ein eilig herbeigerufener Arzt kann Agathes Schwester nicht das Leben retten. Agathe beschließt nach dem Besuch des Medicus, dass sie ebenfalls in diesem Beruf arbeiten möchte. Ihr ist es ein wichtiges Anliegen, den Kranken zu helfen. Doch als Frau ist ihr der Gang an eine Universität verwehrt. Stattdessen geht Agathes Bruder nach Heidelberg, um dort das Studium der Medizin zu beginnen. Das Mädchen derweil ist gezwungen, daheim in Ulm zu bleiben und der Mutter tatkräftig unter die Arme zu greifen. So vergehen die Jahre und Agathe wächst zu einer jungen, selbstbewussten Frau heran, die alle paar Nachmittage zu den Beginen schleicht.

Dort lernt sie alles über Medizin. Ein blinder Stadtschreiber bringt ihr Latein bei. Als nach vier Jahren Agathes Bruder wieder nach Ulm kommt, kann Agathe dessen Schriften über die "Lehre der vier Säfte" lesen. Das muss die junge Frau allerdings heimlich tun. Ihr Bruder haftet sehr alten Vorstellungen an. Frauen haben sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern und für das Wohl des Mannes zu sorgen. So denkt auch Julius, den Agathe nach Willen ihres Bruders heiraten soll. Aber Agathe verfolgt andere Pläne. 1561 leistet sie den Arzteid. Ihre Heilerfolge sind weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Zahlreiche Persönlichkeiten wollen sich nur von ihr behandeln lassen. Doch Agathe hat auch gegen viele Anfeindungen zu kämpfen ...

So gute Unterhaltung wie in Ursula Niehaus´ Romanen findet man höchstens noch bei Iny Lorentz oder Heidi Rehn. Hier werden zwischen zwei Buchdeckeln vergangene Zeiten wieder lebendig. "Die Stadtärztin" ist ganz großes Lesekino. Man kann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, denn die deutsche Autorin schreibt ungemein fesselnd. Und außerdem steckt sie in ihre Geschichten ganz viel Emotion. Kein Historien-Fan kommt um ihre Werke herum. Denn diese bedeuten ein Leseerlebnis, das einen die Welt um sich herum vergessen lässt. Kein Geschichtsunterricht käme dagegen an - und auch kaum ein anderer Schriftsteller oder eine andere Schriftstellerin. Niehaus hat allein für ihre Recherchearbeit eine Eins plus mit Sternchen verdient.

Absolute Extraklasse - genau das sind die Bücher von Ursula Niehaus. Darüber hinaus sind diese Schmöker wie aus der Feder von den Großen des Genres. Nach nur wenigen Seiten von "Die Stadtärztin" fühlt man sich direkt ins Mittelalter versetzt. Wenn man beim letzten Satz angekommen ist, fällt es einem schwer, in die Realität zurückzufinden.

Susann Fleischer
12.10.2015

 
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Das Buch:

Ursula Niehaus: Die Stadtärztin

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München: Knaur Verlag 2014
432 S., € 19,99
ISBN: 978-3-426-66360-8

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