Romane
Ein Roman voller Empathie und psychologischer Raffinesse
Maria wächst in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lissabon auf. Mitte der siebziger Jahre bietet Portugal einer jungen Frau wenig Perspektiven. Maria möchte nicht, wie so viele andere, heiraten und Kinder kriegen. Sie will mehr vom Leben. Also kehrt sie nach dem Ende der Nelkenrevolution ihrer Heimat den Rücken, um in Deutschland zu studieren. Es zieht sie nach West-Berlin. Dort findet sie die ersehnte Freiheit. Niemand schreibt ihr vor, was sie zu tun oder zu lassen hat. Maria trifft ihre eigenen Entscheidungen. So beginnt sie eine Beziehung mit einem rebellischen Theatermacher, die bald scheitert. Dann, eines Tages, lernt sie Hartmut kennen. Er scheint ihre große Liebe zu sein. Ihn heiratet Maria schließlich auch.
Allen Plänen von einem unabhängigen Leben zum Trotz findet Maria sich plötzlich als Ehefrau und Mutter in der nordrhein-westfälischen Provinz wieder. Dort ist es längst nicht so aufregend wie in Berlin. Maria droht langsam einzugehen, während Hartmut sich ganz seiner Karriere widmet. So vergehen die Jahre und die Ehe geht ihrem Ende entgehen. Erst als die Tochter erwachsen ist, wagt Maria auszubrechen. Sie nimmt eine Stelle in Berlin an. Hartmut hingegen bleibt in Bonn und widmet sich ganz der Philosophie. Nach einem Jahr Fernbeziehung will Hartmut, dass seine Frau wieder nach Hause, wieder zu ihm zurückkommt. Aber was will Maria? Auf einer Landstraße zwischen Marburg und Bergenstadt eskaliert der Streit...
Ein Lesevergnügen, das an die großen Dramen der alten Griechen erinnert - "Gegenspiel" erscheint einem wie ein Kammerspiel voller Spannung und großer Gefühle. Bei der Lektüre von Stephan Thomes Romanen fühlt man sich wie auf Droge, geradezu berauscht. Sie sind der Stoff, aus dem fesselnde Unterhaltung gemacht wird. Es ist einfach unmöglich, das vorliegende Buch aus der Hand zu legen. Denn es bedeutet Lesegenuss pur. Während man Seite für Seite liest, sieht man vor dem inneren Auge einzelne Szenen abspielen. Diese fügen sich zu einem fulminanten Film zusammen, der einen alles um sich herum vergessen lässt. Thome beweist sich einmal mehr als ein Schriftsteller vom Format eines jungen Martin Walsers. Grandios!
Stephan Thome beschreibt in "Gegenspiel" die Höhen und Tiefen des (Ehe-)Lebens auf solch ergreifende Art und Weise, dass der Leser nicht anders kann, als manche Tränen zu vergießen. Der deutsche Autor sorgt hier für ein noch nie dagewesenes Leseerlebnis. Ab dem ersten Satz erliegt man seinen Worten. Man kann sich deren Sogwirkung partout nicht entziehen.
Susann Fleischer
02.02.2015