Romane

Literatur , die den Leser nicht nur schwindelig , sondern auch hochgradig süchtig macht

Die Zeit der Kindheit, des Spielens ist für Karl Ove endgültig vorbei. Mit dem Abitur in der Tasche macht sich der Achtzehnjährige auf dem Weg nach Nord-Norwegen, um die nächsten zwölf Monate als Aushilfslehrer an einer Dorfschule zu arbeiten. Für ihn beginnt damit die wohl aufregendste Zeit seines Lebens. Doch die ersten Schritte Richtung Freiheit, hinein in ein selbstbestimmtes Leben erweisen sich als ziemlich holprig. Einzig der Alkohol erscheint ihm als Befreiung von all den Komplexen, Unsicherheiten und Nöten, die ihn immer wieder plagen. Karl Ove ist auf dem direkten Weg, wie sein Vater zu werden. Doch im Gegensatz zu ihm lässt Karl Ove sein Ziel, irgendwann als Schriftsteller sein Geld zu verdienen, niemals aus den Augen.

Zwei Jahre zuvor betätigte er sich als Musikjournalist. Seine Plattenkritiken erschienen in einer kleinen Zeitung und waren Karl Oves erste Versuche, sich in der Welt einen Namen zu machen - leider ohne Erfolg. Auch aus diesem Grund verlässt er seine Heimat. Er sucht nach Herausforderungen und findet diese schließlich in Håfjord. Dort muss Karl Ove seinen Schülern, die ihn als Autoritätsperson alles andere als ernst nehmen, etwas beibringen und droht zu scheitern. Den Job erledigt er mit möglichst wenig Aufwand, abends unternimmt er erste Schreibversuche. An den Wochenenden wird hemmungslos getrunken, wobei die älteren Kollegen keinerlei Versuche machen, ihren jugendlichen Aushilfslehrer zu mäßigen. Stattdessen trinken sie mit.

So vergehen die Monate und der Moment rückt näher, dass Karl Ove in den Süden zurückkehrt, hin zu einer vagen Zukunft als Schriftsteller. Er träumt davon, an der neu gegründeten Akademie für Schreibkunst in Bergen aufgenommen zu werden. Allerdings ist er nicht der Einzige, der dieses Ziel mit aller Vehemenz verfolgt. Karl Ove muss endlich erwachsen werden, wenn er jemals sein echtes Glück finden will. Auf diesem Weg überfällt ihn eine Lebenslust, die etwaige Zweifel an einer Autorenkarriere in den Hintergrund verschwinden lässt ...

Literatur, die einen ganz sprach- und atemlos macht - "Leben" ist wahrlich ein Meisterwerk. Karl Ove Knausgård beweist mit seinem neuen Roman einmal mehr, dass er zu den großen Erzählern unserer Zeit gehört. Seine Bücher machen garantiert jeden kann trunken vor lauter Leseglück. Bereits ab der ersten Seite wird man in das Geschehen hingerissen und bekommt schließlich von dem, was um einen herum geschieht, nichts mehr mit. Für ein paar Stunden zählen einzig und allein Knausgårds Worte. Diese stecken nämlich voller Emotionen und sind darüber hinaus das Zeugnis ganz hoher Schreibkunst. Hier erlebt man Unterhaltung, wie sie fesselnder und besser kaum sein, geschweige denn man sich wünschen könnte.

Ohne jeden Zweifel: Karl Ove Knausgårds Romane haben etwas geradezu Berauschendes an sich. Nach "Sterben", Lieben" und "Spielen" gelingt dem norwegischen Autor mit "Leben", dem vierten Band seines sechsteiligen autobiographisch angelegten literarischen Projektes, abermals ein Lesegenuss ohnegleichen.

Susann Fleischer
14.07.2014

 
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Das Buch:

Karl Ove Knausgård: Leben. Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg

München: Luchterhand Literaturverlag 2014
624 S., € 22,99
ISBN: 978-3-630-87413-5

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