Romane

Der zweite Teil vom zweiten Teil

Die Königsmörder-Chroniken des US-amerikanischen Fantasy-Autors Patrick Rothfuss sind definitiv das gegenwärtig am höchsten gehandelte Werk in der weltweiten Fantasy-Szene. Die Trilogie um den Magier Kvothe befindet sich nach dem Erscheinen des vorliegenden Mittelbandes "Die Furcht des Weisen" im maximalen Spannungsmoment, das dreibändigen Werken aufgrund ihres Aufbaus zum Zeitpunkt vor der Veröffentlichung des dritten und letzten Teils von Natur aus innewohnt.

Der Klett-Cotta Verlag hatte sich dazu entschieden, den Mittelband in zwei Tranchen zu veröffentlichen. Nachdem im vergangenen Oktober "Die Furcht des Weisen 1" erschienen war, wird dieser mit dem vorliegenden Sequel komplettiert. Der Leser befindet sich von der ersten Seite an sogleich auch wieder mittendrin im Geschehen. Nachdem der erste Teil des Mittelbandes mit dem Kampf Kvothes gegen eine Schar von Banditen geendet hatte, setzt der vorliegende Band nahtlos daran an. Kvothe und seine Gefährten begeben sich auf den Rückweg zum Haus des Maers, nachdem sie den Auftrag mit der Niederschlagung der Banditen erfolgreich erledigt haben. Dieser Rückweg führt Kvothe jedoch nicht direkt zu seinem Ausgangspunkt zurück, vielmehr begegnet er der berüchtigten Fae Felurian und gerät durch deren Zauber in ihren Bann.

Es sei an dieser Stelle an Kvothes eigentliche Mission erinnert, die die Rache an den Mördern seiner Eltern, den sogenannten Chandrian, vorsieht. Kvothe durchläuft einen langen und intensiven Weg der Ausbildung zum Magier und erweitert währenddessen beständig seinen Horizont. Auch der vorliegende Band beschreitet konsequent den eingeschlagenen Weg der Erzählung von Kvothes Lebensgeschichte und von seiner Karriere vom Edema Ruh als fahrendem Schauspieler bis hin zu seiner Vollendung als Magier. Dieser Weg kennt viele Hürden und führt den Leser über die für Kvothe bedeutsamen und ihn prägenden Stationen.

Die Figur des Protagonisten wird in "Die Furcht des Weisen 2" weiter geschärft und in der Entwicklung ihrer Eigenschaften vorangetrieben. So wird Kvothe durch sein Erlebnis mit Felurian berühmt und gerühmt werden. Auch verliert Kvothe bei der Fae seine Jungfräulichkeit, nachdem diese ihn in die Liebeskünste eingeweiht hat. Des Weiteren lernt er beim Volk der Adem eine neue Sprache und deren Art der Kampftechnik. Außerdem bekommt er ein Schwert verliehen, das ihm neue Macht gibt. Dies alles sind weitere Puzzleteile im Hinblick auf die Vervollständigung seiner magischen Fähigkeiten. Man ist nämlich in der Welt Kvothes nicht einfach von Geburt an ein Magier, sondern wird ein solcher durch lebenslanges Lernen, harte Arbeit und höchste Disziplin. Rothfuss grenzt sich hierbei von den Darstellungen berühmter Zauberer aus der Welt der Fantasy ab. Während Kvothe sich allmählich entwickelt, waren zum Beispiel die Zauberer in Tolkiens Welt von Beginn an mit magischen Fähigkeiten mehr oder weniger komplett ausgestattet.

Was fasziniert den Leser und hält ihn gespannt bei der Stange, letztendlich über mehrere tausend Seiten den Werdegang Kvothes derart detailliert zu verfolgen? Neben der sympathischen Darstellung des Protagonisten, den der Leser sukzessive in- und auswendig kennenlernt, steckt er vollends in der Gedankenwelt Kvothes, denkt jeden einzelnen seiner Gedanken mit und begleitet ihn Tag und Nacht. Dem Autor ist es darüber hinaus gelungen, seine Leser in eine gänzlich neue Welt zu entführen, die mit einer eigenen und gleichsam faszinierenden Kultur versehen ist.

Geschickte Verkaufsstrategie oder leserfreundliches Vorgehen?

Man kommt bei der deutschen Ausgabe nicht umhin, die Zweiteilung von "Die Furcht des Weisen" durch den herausgebenden Klett-Cotta Verlag zu erwähnen. Dieses Vorgehen erntete in der Fantasy-Szene reichlich Kritik, da für zwei Bände von 860 respektive 522 Seiten zunächst 24,95 Euro und anschließend noch einmal 22,95 Euro aufzubringen waren, während das englischsprachige Original in einem einzigen Band erschien. Dabei verwunderte auch noch der ungewöhnliche Schnitt in zwei ungleiche Hälften, für die es inhaltlich keinen expliziten Grund gab. Dagegen kann hinsichtlich der Zwei-Buch-Strategie argumentiert werden, dass deutsche Übersetzungen von englischen Originalexemplaren oftmals in der Seitenzahl "explodieren". Im vorliegenden Fall hatte "The Wise Man´s Fear" lediglich 1000 Seiten aufgewiesen, während die beiden Teile der deutschen Übersetzung mit insgesamt knapp 1400 Seiten zu Buche schlugen, was lesetechnisch den Konsumenten durchaus vor eine gewisse technische Herausforderung gestellt hätte.

Nach zwei Dritteln der Trilogie bleibt festzuhalten, dass Rothfuss eine erhebliche Spannung hinsichtlich des dritten Bandes kreiert hat, da seine Leser zweifellos noch viel zu erwarten haben. Aktuell ist noch nicht einmal absehbar, worauf die Geschichte denn letztendlich hinsteuern wird. Es gibt viele offene Fragen, die Rothfuss zu beantworten hat, unter anderem, wer denn überhaupt zum "Königsmörder" avancieren wird. Auf die Auflösungen werden sich Rothfuss´ Leser allerdings ein wenig gedulden müssen. Nachdem zwischen den beiden Bänden des Mittelteils nur drei Monate gelegen haben, ist bezüglich des Abschlusses der Trilogie leider eine längere Wartezeit zu akzeptieren. Der dritte Band sei laut Rothfuss in Planung und trage den Arbeitstitel "The Doors of Stone". Hinsichtlich eines Erscheinungsdatums gibt es aktuell allerdings noch keine Auskunft, was die mit den Hufen scharrenden Leser sicherlich in immer wiederkehrenden Abständen dazu veranlassen wird, das Internet und sämtliche einschlägigen Foren diesbezüglich nach neuen Meldungen und Gerüchten zu durchforschen.

Christoph Mahnel
10.04.2012

 
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Das Buch:

Patrick Rothfuss: Die Furcht des Weisen - Teil 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag. Aus dem Englischen von Jochen Schwarzer und Wolfram Ströle

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Stuttgart: Klett-Cotta Verlag 2012
522 S., € 22,95
ISBN: 978-3-608-93926-2

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