Romane
Ein etwas anderes Tierleben
Der bekannte Zoologe Edmund Alfred Brehm - oder vielmehr eine leicht schräge Karikatur desselben - hat sich Großes vorgenommen. Und zwar nicht mehr und nicht weniger, als den Beweis zu liefern, dass die sagenumwobene Insel Tierland, die Heimat der wohl bizarrsten Spezies überhaupt, tatsächlich existiert. Da ihm aufgrund der Unerhörtheit seines Vorhabens die notwendigen Geldmittel für seine Expedition verweigert werden, muss Brehm improvisieren. So nimmt er notgedrungen die Dienste des zwielichtigen Kapitäns Pamphile in Anspruch, was für eine alles als angenehme Überfahrt sorgt. Zudem gewährt Pamphile ihm für seine Expedition nur magere drei Tage Zeit. Jedoch bemerkt Brehm recht schnell, dass er sich dennoch über einen Mangel an abenteuerlichen Situationen keinesfalls beklagen kann.
Die bizarren Lebensformen, die auf der unwirtlichen Insel ihr Unwesen treiben, erweisen sich nicht nur als außerordentlich kurios, sondern auch als ebenso aggressiv. Zum Beispiel begegnet Brehm dem hinterhältigen "Kaserka", der sogar Zähne auf der Zunge besitzt und sich am Leid seiner Jagdverbündeten erfreut. Als noch schlimmer erweisen sich die monströsen, menschenfressenden "Grabatoren", mit denen trotz ihrer Gehörlosigkeit keinesfalls zu spaßen ist. Wieder andere Spezies wirken zuerst eigentlich harmlos und offenbaren Brehm ihre hinterhältigen Jagdstrategien erst, wenn es fast zu spät ist. Doch die in größte Gefahr begibt sich Brehm - wie könnte es auch anders ein - durch ein Mitglied des anderen Geschlechts ...
Zugegeben, Berichte von Tierexpeditionen sind nicht jedermanns Sache, ganz egal wie exotisch es in ihnen auch zugehen mag. Zwar mag das Leben eines Grzimek in spe durchaus interessant und gelegentlich auch spannend sein, doch mit reichlich Leerlauf hat auch der talentierteste Tierforscher zu kämpfen. Doch "Brehms Tierland" zeigt, dass es auch anders geht. Was den Experten für alles, was kreucht und fleucht auf Tierland erwartet, erweist sich als dermaßen kurios, bizarr und humorgeladen, dass Langeweile erst gar nicht aufkommen kann. So stolpert Brehm von einem haarsträubenden, tierischen Fiasko ins nächste, was für absolut blendende Unterhaltung sorgt.
Die schier überbordende Kreativität, die der deutsche Autor Kai Splittgerber so beweist, bildet mit den vor überdrehtem Witz nur so strotzenden Illustrationen Dorothea Hubers eine wunderbar kauzig-komische Einheit. Der Berliner Illustratorin ist es so gelungen, die in jeder Hinsicht bizarre Fauna von Tierland mit so viel Charme zum Leben zu erwecken, dass das resultierende Lesevergnügen einfach unerhört ist. Ein absoluter Leckerbissen für alle Freunde des Bizarren und Schrägen und ein Lesespaß, den alle Liebhaber humoriger Tiergeschichten problemlos in ihr Bücherregal aufnehmen können.
Johannes Schaack
26.04.2011