Romane

Elend des Eingesperrtseins

Wer Abbas Khiders Deb?troman "Der falsche Inder" verpasste, sollte nun nicht auch "Die Orangen des Pr?sidenten" vers?umen. Gute Titel haben die Eigenschaft, Synonyme zu sein. Das trifft auf "Die Orangen des Pr?sidenten" zu. Er steht f?r Hoffnung, die den Hoffenden in die Hoffnungslosigkeit zur?ckst??t. Genau das ist die Erfahrung des jungen Irakers Mahdi. Gerade Abiturient, wird er in einem der sadistischen Gef?ngnisse des allm?chtigen Herrschers Saddam Hussein eingekerkert. Freundliches l?sst sich ?ber die Zeit nicht sagen, die eine Zeit der bittersten menschlichen Verachtung ist, die Mahdi widerf?hrt.

Khiders Buch ist der Bericht aus der Welt des t?glichen-allt?glichen Terrorismus irakischer Pr?gung, der Teil des Terrors war, wie er t?glich in aller Welt praktiziert wird. Dennoch ist das Vergleichbare, wie das Buch zeigt, unvergleichbar. Die Gewalt, die das eine, einzigartige Individuum trifft, trifft auch jeden einzelnen Leser. Niemand kann umhin, sich auf die Seite des Opfers Mahdi zu schlagen. Nicht eines beliebigen Mitleids, sondern der wachsenden Wut wegen, die zum inneren Widerstand gegen jegliche Gewalt wird. Mahdi ist ein Opfer, das nicht aufgibt, schon gar nicht sich. Das ist so leicht hingesagt, was in keiner Sekunde des schmerzlichen Schicksals des jungen Mannes selbstverst?ndlich ist. Woher kommt die Kraft des Entkr?fteten?

Abbas Khider berichtet nicht nur vom Elend des Eingesperrten. Er erz?hlt auch von dem jugendlichen Taubenfreund Mahdi und seinen Taubenz?chter-Freunden. Erz?hlt einf?hlsam, humorvoll die Kindheit und Familiengeschichte. Stoff genug aus einer gl?cklichen Welt, die nicht selten genug auch ihre Traurigkeiten hat. Und sicher auch gut geeignet f?r den ebenso synonymhaften Titel "Taubenz?chter". Doch Khider hat mehr im Sinn. Im ?bertragenen Sinne ist sein Buch eine Geschichte von der Gleichzeitigkeit des Gl?cks und der Gewalt. In jedem Gl?ck ist auch Gewalt. In jeder Gewalt ist auch Gl?ck. Das ist so wahr wie das Leben und schwer zu ertragen, wie Leben oft nur schwer zu ertragen ist. Das ist die Geschichte des Romans, sofern er denn ein Roman ist, der keine Romangeschichte hat. Berichtend, erz?hlend ist "Die Orangen des Pr?sidenten" eine Sammlung schnellwechselnder Szenen, die mit dem Schicksal Mhadis verbunden sind.

Ein Blick auf die Biographie des 1973 in Bagdad geborenen Autors l?sst keinen Zweifel, dass es eine Identit?t zwischen Erlebtem und Erz?hltem gibt. Zopfartig verflochten, wechseln die Geschichten der Gewalt mit denen des Gl?cks. Das so arrangiert zu haben ist die eigentliche gestalterische Leistung des Autors. Die Gemeinsamkeit des Gegens?tzlichen wird auch offenbar im Stilistischen. Einerseits der eher Berichtende, ist Abbas Khider eindeutiger der Erz?hler, wenn er die Familiengeschichten schildert. Ein ausgesprochen poetischer Schriftsteller ist Khider nicht. Seine bildhaften Vergleiche, sprich seine Metaphern, haben meist etwas leicht Verst?ndliches, doch zu wenig von Originalit?t und zuviel Ungenauigkeit. Was und wie er schreibt, schreibt er mit einem ausgepr?gten Sinn f?r Ironie, die nicht kalt-lakonisch ist, sondern gef?hlvoll-heiter. Das ist nicht unwesentlich. Es ist Abbas Khiders Haltung, die die Leser von "Die Orangen des Pr?sidenten" dazu bringt, Haltung zu bewahren und zu beweisen. Denn Leid ist ?berall genug in der Welt, ohne dass die Welt ?berall genug beunruhigt w?re. 

Bernd Heimberger
14.03.2011

 
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Das Buch:

Abbas Khider: Die Orangen des Präsidenten

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Hamburg: Edition Nautilus 2011
156 S., € 16,00
ISBN: 978-3-89401-733-0

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