Romane

Die (Wieder-)Entdeckung der Glasharmonika

Mit "Die englischen Schwestern" beschlie?t Wolfgang Schl?ter seine musikalische Prosa-Tetralogie, die wegen ihrer Einmaligkeit kostbare Juwelen in der literarischen Landschaft Deutschlands darstellt. Nach "John Field und die Himmels=Electricit?t" (1998), "Dufays Requiem" (2001) und "Anmut und Gnade" (2007) legt der deutsche Autor nun einen Roman vor, der einer feurigen Komposition mit viel Stil und Gef?hl gleichkommt und damit das Herz des Lesers zum Klingen bringt. Dabei beginnt der Roman mit stillen, leisen Worten, die sich dann im Laufe der folgenden 400 Buchseiten zu einem berauschenden Orchester erheben und den Leser nie wieder loslassen.

Die (literarische) Reise beginnt im Berlin des 20. Jahrhunderts, als sich Werner und George "Schorse" an einer Stra?enecke begegnen und ins Reden kommen. Ihr Blick auf die Berliner, den Zeitgeist und die Gesellschaft sind der Grundstein f?r eine Geschichte, die bereits nach k?rzester Zeit in die Tiefe geht und den Leser mit sich fortrei?t. Anlass ist die Erfindung der Glasharmonika durch Benjamin Franklin. Einst hat sie als Instrument eine herausragende Stellung in der Musikgeschichte eingenommen. Mittlerweile ist sie in der Versenkung verschwunden und von den Nachfolgegenerationen in Vergessenheit geraten. Dabei ist ihr "Werdegang" ein ?u?erst ruhmreicher.

200 Jahre (von 1761 bis 1973) lang bewegt die Glasharmonika die gr??ten Musiker ihrer Zeit - selbst Komponist und Jahrhundertgenie Wolfgang Amadeus Mozart. F?nf Stimmen kommen neben Werner und Schorse zu Geh?r - unter ihnen ein Berliner Student, der im Urlaub in Neapel weilt, Marianne Kirchge?ner, die seit zwei Jahrhunderten auf der Erde wandelt und zu Mozarts Lebzeiten als musikalisches Vortragsgenie galt, ein junger Milit?rarzt, der die Seeschlacht bei Abukir auf dem Flaggschiff von Admiral Nelson erlebte, der deutsche Landschaftsmaler Johann Peter Hofmeister auf den Weg nach S?ditalien und Benjamin Franklin h?chstpers?nlich. In Briefen, Gespr?chen, Geschichten kommen sie zu Wort und lassen den Leser an ihren Gef?hlen und Erinnerungen teilhaben.

Wolfgang Schl?ters "Die englischen Schwestern" ist wahrlich kein einfacher Roman, dem man sich zum gelegentlichen Zeitvertreib zu Gem?te f?hren kann. Vielschichtig, fein komponiert und furios wortgewaltig erz?hlt der deutsche Autor hier eine ganz und gar ungew?hnliche Geschichte, die wie ein klassisches Musikst?ck ?ber die einzelnen Seiten gewebt ist. Poesie in Prosa - so l?sst sich der Abschluss der preisgekr?nten Tetralogie am besten beschreiben. Ist "Die englischen Schwestern" doch der Beweis, dass ein Roman den Leser durchaus in einen rauschhaften Zustand versetzen kann und diesen dabei mit seinem Kenntnisreichtum ?berzeugt. Ein absolutes grandioses Prosast?ckchen.

Susann Fleischer
07.03.2011

 
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Das Buch:

Wolfgang Schlüter: Die englischen Schwestern

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Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 2010
408 S., € 21,95
ISBN: 978-3-8218-5843-2

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