Romane
Der Zauber der ersten Liebe - vier Männer , vier Geschichten
Knapp 60 Jahre nach der Erstver?ffentlichung und rund 35 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers erscheint "Das M?dchen meines Herzens" erstmals in deutscher ?bersetzung. Buddhadeva Bose, einer der bedeutendsten bengalischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, ist im Gegensatz zu seinem Kollegen Rabindranath Tagore, der 1913 als erster Nichteurop?er den Literaturnobelpreis erhielt, in Deutschland ein unbeschriebenes Blatt. Dem Ullstein-Verlag ist es zu verdanken, dass sich dies nun ?ndern wird. Mit einem Glossar und einem Nachwort der ?bersetzerin versehen, sorgt der deutsche Verlag nicht nur f?r eine gelungene ?bersetzung bengalischer Literatur, sondern auch f?r einen Einblick in eine uns eher fremde Kultur.
Vier alternde M?nner, die in Herkunft und Aussehen nicht unterschiedlicher sein k?nnten, sitzen in einer kalten Winternacht auf einem Bahnhof einer indischen Kleinstadt fest und m?ssen die Nacht in der Bahnhofshalle verbringen, da ihre Bahnstrecke von einem liegengebliebenen G?terzug blockiert wird. Das Schicksal hat die vier M?nner, den Bauunternehmer, den Beamten, den Arzt und den Schriftsteller, an einem Ort zusammengef?hrt, dem sie - zumindest einige Stunden lang - nicht entkommen kommen. Als sie ein junges, verliebtes Paar in der Bahnhofshalle sehen, fangen die Vier an, ?ber ihre eigene erste Liebe nachzudenken. In Erinnerungen schwelgend beginnen sie, sich gegenseitig ihre ganz eigene Geschichte von der gro?en Liebe zu erz?hlen.
In bester Boccaccio-Manier vertreiben sich die M?nner mit ihren Geschichten die Zeit: vier Erz?hlungen, die unterschiedlichen Lebenssituationen entwachsen sind, die von Liebe - ob erf?llt oder unerf?llt -, von zerst?rten Tr?umen, von Stolz, Tradition, Familie und Tod handeln. Eines wird dem Leser klar: Egal welcher Familie man entstammt und welcher Weg f?r einen vorgezeichnet ist, die Liebe ist ein universelles Gef?hl, das von Menschen jeder Herkunft gleich empfunden wird.
In nur vier Erz?hlungen, einer knappen Rahmenhandlung und 160 Seiten fasst Bose diese Erkenntnis zusammen. In klarer Sprache, poetisch und doch nicht ausschweifend entf?hrt er uns in eine l?ngst vergangene Zeit und in eine f?r Europ?er noch dazu fremde Kultur und l?sst uns dennoch zu der Einsicht kommen, dass die Liebesgeschichten dieser Welt sich nicht fundamental unterscheiden. Sie m?gen an unterschiedlichen Schaupl?tzen spielen, unterschiedlichen Moralvorstellungen unterliegen, aber das Gef?hl ist immer dasselbe.
Sabine Mahnel
18.10.2010