Romane
Eine ungewöhnliche Zweier-WG mit Herz
Nie im Leben h?tte sich Jade ertr?umen lassen, mit ihrer
80-j?hrigen Gro?mutter Mamoune unter einem Dach zu leben. Als der alten Dame jedoch die Abschiebung in das Altersheim droht, beschlie?t ihre Enkelin, sie zu sich nach Paris zu holen und ihren Lebensabend so angenehm wie m?glich zu gestalten. Ihr Zusammenleben erweist sich als echte Herausforderung, der sich beide Frauen t?glich stellen m?ssen, die aber auch so manch neue Erkenntnis ?ber den anderen offenbart. So wie Jades Entdeckung, dass ihre Gro?mutter keineswegs ein ungebildetes Landei ist, wie sie immer dachte, sondern in ihrer wenigen freien Zeit von den Geschichten bekannter Autoren wie Proust, Joyce und Musil lebte.
Aber auch Jade umgibt ein Geheimnis, von dem Mamoune bislang nichts ahnte. Ihre Enkelin sitzt abends in ihrem stillen K?mmerchen und l?sst ihrer Fantasie freien Lauf. Ihr gro?er Traum ist es, eines Tages ihren Roman im Buchladen zu entdecken. Doch bislang fehlte der jungen Frau der Mut, ihr Manuskript an den Mann zu bringen. Da kann sie von Gl?ck sprechen, dass Mamoune von dieser Leidenschaft erf?hrt. Sie beschlie?t, die Z?gel in die Hand zu nehmen, und macht sich auf die Suche nach einem geeigneten Verlag f?r Jade und ihr unver?ffentlichtes Buch. Was beide Frauen nicht ahnen: Der Weg dahin f?hrt sie an ihre Grenzen, die sie nur gemeinsam ?berschreiten k?nnen. Sollte ihnen dies nicht gelingen, so bleibt alles nur ein kurzer (Fieber-)Traum, der von Jades und Mamounes intimsten Wunschvorstellungen lebt.
Die franz?sische Autorin Fr?d?rique Deghelt legt mit "Fr?hst?ck mit Proust" einen Roman vor, der von jener Sinnlichkeit lebt, die einzig gro?en Geschichten wie dieser vorbehalten ist. Was die 288 Buchseiten so ungew?hnlich machen, ist die Tatsache, dass die Story ganz ohne ?bertriebenen Herzschmerz oder atemlose Action auskommt und den Leser trotzdem ab der ersten Seite fesselt und ihm so kurzweilige Abendstunden schenkt. Gef?hl steht hier ganz weit oben und verursacht beim Rezipienten ein wohliges Kribbeln in der Magengegend, w?hrend man in Gedanken noch so mancher Szene nachh?ngt. Dies gelingt wahrlich nicht vielen Autoren, aber Deghelt versteht dieses Gesch?ft aufs Beste - mit ganz viel Herzensw?rme und dem richtigen Ma? an franz?sischer Leichtigkeit, die man sonst nur selten antrifft.
Susann Fleischer
18.10.2010