Romane

Die irische Saga von Deirdre und Naisi neu erzählt

Seit Beginn der Besiedlung Irlands ranken sich Mythen, Legenden und Sagen um die grüne Insel. Sie erzählen von längst vergessenen Zeiten, in denen kämpferische Auseinandersetzungen beinahe normal waren, aber auch die Liebe eine fundamentale Rolle einnahm. Von solch einer bedingungslosen Liebe, die entgegen aller Widerstände bis über den Tod hinaus Bestand hat, erzählt der historische Roman "Tochter der Schwäne". Julie Watson schickt den Leser auf eine Reise durch vergangene Welten und gefährliche Zeiten und führt diesem die Allmacht der Liebe vor.

Deirdres tragisches Schicksal beginnt bereits vor ihrer Geburt: Ein bedeutender Druide prophezeit, dass Könige und mächtige Herrscher eines Tages Krieg führen und die drei größten Krieger Irlands ins Exil gehen würden - alles wegen Deirdres Anmut und Schönheit, die jeden Mann in ihren Bann ziehen. Trotz des Rats, Deirdre zu töten und so dem unausweichlichen Unheil zu entgehen, will Conor, der König von Ulster - einem der vier Länder Irlands -, nichts davon wissen. Deirdre soll in völliger Abgeschiedenheit aufwachsen, wo sie fern von Menschen auf ihre Rolle als Conors zukünftige Ehefrau vorbereitet werden soll - ein Schicksal, dem die junge Frau augenscheinlich nicht entgehen kann.

Inzwischen sind viele Jahre ins Land gegangen und Deirdre ist zu einer schönen Frau herangewachsen - wie einst vorhergesagt. Deirdre wurde fleißig von Conors Druidin in die Aufgaben einer guten Ehefrau eingeführt und hat sich in ihr Schicksal ergeben - bis sie eines Tages die bittere Wahrheit erfährt. In den entlegenen Wäldern von Deirdres "Exil" jagen die Brüder Naisi, Ardan und Ainnle Hirsche. Angelockt durch das Lachen und die intimen Gespräche der Brüder am Lagerfeuer, hört Deirdre, dass sie sehr wohl die Wahl hat. Wenn König Conor von seiner ersten Frau Maeve verlassen werden konnte, dann steht es Deirdre frei, diese Verlobung zu lösen. Dazu muss sie allerdings von ihrer Heimat fortgehen und andernorts ein neues, ein freies Leben anfangen. Dies gelingt ihr aber nur mit Hilfe Naisis, in den Deirdre sich unsterblich verliebt.

Deirdre schließt sich kurzentschlossen den drei rebellischen Kriegern an, die nach anfänglichem Zögern Deirdre ihre volle Unterstützung zusagen. Und diese benötigt sie auch, denn Conor will seine Zukünftige nicht so einfach aufgeben und verfolgt sie in alle Winkel seines Reiches. Gejagt werden die vier von den Kriegern des Roten Zweiges - früher Naisis beste Freunde, nun dessen erbitterte Feinde. Erst im fernen Schottland finden sie vorerst Ruhe, denn dort kennt sie niemand und sie können sich ihrem neuen Leben hingeben. Monate vergehen, in denen sich Deirdre und Naisi ihrer Verliebtheit hingeben und ihren Blick Richtung Zukunft wenden können. Deirdre träumt von einem behaglichen Heim, gefüllt mit Kindern und Glückseligkeit. Naisi (und seine Brüder) hingegen zieht es auf das Feld des Ruhms und der Ehre - schließlich sind sie stolze Krieger, die keine Herausforderung fürchten. Und da ist noch die Sache mit der Prophezeiung, die Conors Untergang vorhersagt.

Julie Watsons große Leidenschaft gilt der Archäologie und Geschichte der Kelten und Pikten. Diesem Umstand haben Freunde historischer Romane bereits drei Bücher zu verdanken ("Die Rose der Kelten", "Das keltische Amulett" und "Tartan und Schwert"). Während diese sich einer Zeit widmen, in denen die Römer in England weilten, richtet sich das Augenmerk der Autorin in "Tochter der Schwäne" erstmals auf die Nachbarinsel Irland. Mit der Sanftheit einer Geschichtenerzählerin lässt Watson vergangene Mythologie gegenwärtig werden und verknüpft so Legende mit Fiktion und Wirklichkeit. Dabei erscheint die Geschichte so lebendig, dass man beim Lesen das Gefühl hat, die steife Brise des kalten Meeres auf der Haut zu fühlen und die weite Landschaft Schottlands durch Deirdres Augen zu sehen. So bleibt es kaum aus, dass der Leser Deirdres Gefühle miterlebt, als wären diese seine eigenen - sowohl in den emotionalen Momenten wie in Augenblicken vibrierender Spannung eines aussichtslosen Kampfes und schierer Angst.

Mit "Tochter der Schwäne" hat Julie Watson einen imposanten historischen Roman geschaffen, der den Traum unendlicher Liebe erzählt und zugleich einer Legende soviel Leben einhaucht, als wäre sie real.

Susann Fleischer
04.01.2010

 
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Das Buch:

Julie Watson: Tochter der Schwäne. Aus dem Amerikanischen von Gloria Ernst

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München: Blanvalet Verlag 2009
768 S., € 13,00
ISBN: 978-3-442-37364-2

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