Romane

"König Lear" aus der schonungslosen Sicht eines Narren

Im Jahre 1288 regiert und gebietet der alternde König Lear über Britannien und seine Einwohner. Einzig seine drei Töchter Goneril, Regan und Cordelia sind ihm im Laufe der Zeit geblieben, während deren Mütter dem Tod zum Opfer fielen. Zudem gibt es da auch noch den Narren Pocket. Dieser kam mit einer fahrenden Narrentruppe vor gut zehn Jahren auf die königliche Burg und blieb dort, um Cordelia, Lears jüngste Tochter, zu amüsieren und zu unterhalten. Dieses gelingt ihm auf hervorragende Weise, sodass er in Lears Ansehen recht hoch steht und sich weitaus mehr herausnehmen darf als die anderen Burgbewohner. Doch eines Abends soll das angenehme Leben Pockets ein jähes Ende finden.

König Lear möchte sein Reich unter seinen Töchtern aufteilen. Jene, die ihren Vater am meisten liebt, soll den größten Teil des Reiches bekommen. Während Goneril und Regan ihre Liebe eindrucksvoll zum Ausdruck bringen, sagt Cordelia ihrem Vater die Wahrheit: Sie möge und respektiere ihn, lieben könne sie ihn aber nicht - wie auch wenn er nie für seine Töchter als Vater da ist, sondern stets als König seinen Amtsgeschäften nachgeht? Wütend über die Aussage seiner jüngsten Tochter enterbt Lear Cordelia und verbannt sie aus seinem Reich. Seinen beiden anderen Töchtern gibt er jeweils die Hälfte seines Königreiches - mit der Bedingung, dass sie sich um ihren alten Vater kümmern und für dessen Wohlergehen sorgen.

Pocket, des Königs Narr, versucht, seinen Herrn darauf aufmerksam zu machen, dass er einen verhängnisvollen Fehler begeht, scheitert allerdings kläglich. Vielmehr soll er zusammen mit Lear und dessen Soldaten das liebgewordene Heim verlassen, um eine Zeitlang in Gonerils Burg zu verweilen. Pocket möchte sich nicht mit dieser Situation abfinden und sucht bei drei Hexen Rat. Diese weisen dem Narren einen Weg voller Intrigen, der das wahre Wesen Gonerils und Regans aufzeigen soll. Und so beginnt für Pocket ein aufregendes Abenteuer mit unbekanntem Ausgang.

Den Stoff für seinen neuesten Roman "Fool" hat der US-amerikanische Schriftsteller Christopher Moore William Shakespeares Tragödie "König Lear" entlehnt. Das Buch ist dem Drama nachgebaut, indem es der klassischen Akteinteilung eines Theaterstücks folgt. Bei Moores Buch handelt es sich allerdings nicht um eine bloße Zusammenfassung oder Wiedergabe von Shakespeares Werk, vielmehr glänzt es durch seinen eigenen Stil, der den Leser in das 13. Jahrhundert entführt.

An manchen Stellen mag der Roman zwar ein wenig derb erscheinen, die rohe, sexuell nuancierte Sprache spiegelt aber das damalige Leben wider. Durch die Schilderung der Handlung aus der Perspektive des Narren, der als einziger am Hofe die nackte Wahrheit sagen darf, erhält der Rezipient eine schonungslose Sicht auf Lears Hofstaat. An manchen Stellen kann man beim Lesen des Buches kaum das Schmunzeln vermeiden, während man bei den philosophischen Gedanken über den Sinn des Lebens ins Grübeln kommt. So verspricht "Fool" eine angenehme Abwechslung vom täglichen Einerlei - zumal eine unvermutete Offenbarung am Ende des Buches den Leser aufhorchen lassen wird.

Da wünscht man sich, dass sich Christopher Moore eines Tages noch anderer Stücke Shakespeares annehmen wird. Anbieten würden sich wohl "Hamlet", "Macbeth" und "Othello".

Susann Fleischer
10.08.2009

 
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Das Buch:

Christopher Moore: Fool. Aus dem Amerikanischen von Jörn Ingwersen

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München: Goldmann Verlag 2009
352 S., € 14,95
ISBN: 978-3-442-31189-7

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