Romane

Liebenswerte Erzählerin aus dem Jenseits

Molly Marx ist zwar gestorben - mit nur 35 Jahren viel zu früh und unter mysteriösen Umständen - aber sie hat noch lange nicht vor, die Bühne, d.h. ihr Leben, zu verlassen. Aus dem Jenseits betrachtet sie ihre geschmacklose Beerdigung, falsche Freunde, falsche Tränen, aber vor allem ihren untreuen Ehemann, ihre kleine Tochter - und ihren Geliebten.

Mollys Ehe mit dem Schönheitschirurgen Barry Marx hatte den einen oder anderen kleinen Schönheitsfehler, den selbst der geschickte und renommierte Ehemann nicht "wegoperieren" konnte. Nach außen hin lebten sie ein Bilderbuchleben: geräumige Wohnung im besten Viertel New Yorks mit Haushaltshilfe und Kindermädchen, eine bezaubernde Tochter, viele Freunde und Barrys angesehene Position als Schönheitschirurg der Reichen Manhattans. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Das musste Molly schon an ihrem Hochzeitstag erfahren, als sie Barry mit einer fremden Frau aus der Toilette entwischen sah. Seitdem hat sie es zähneknirschend geduldet, dass ihr Mann sich mal mehr, mal weniger außerhalb der Ehe vergnügte.

Eines Tages lernt sie bei einem ihrer Aufträge für eine Haus- und Heim-Zeitschrift den Fotografen Luke kennen und lieben. Auch sie lässt sich auf eine Affäre ein, die sie die fehlende Aufmerksamkeit ihres eigenen Ehemanns vergessen lässt. Obwohl sie Luke liebt, weiß sie dennoch, dass sie dafür nie ihre Familie zerstören und damit ihrer geliebten Tochter ein Leben zusammen mit Vater und Mutter nehmen würde. Doch genau dies passiert, als Molly, eine passionierte Fahrradfahrerin, auf einer ihrer Radtouren ums Leben kommt. Unfall oder hinterhältiges Verbrechen? Detective Hicks begibt sich auf die Spur und wirbelt bei den Ermittlungen auch noch kräftig durch die Gefühlswelt von Mollys Zwillingsschwester Lucy und Mollys bester Freundin Brie.

Sally Koslows Roman über eine Frau, die mitten aus ihrem Leben gerissen wurde und nun eben jenes von oben betrachtet, gespannt beobachtet und kommentiert, zeigt Ähnlichkeiten zu der erfolgreichen TV-Serie "Desperate Housewives": eine Erzählerin aus dem Jenseits und Protagonisten aus der Upper Class, die sich mehr um Intrigen und das Leben anderer kümmern als um ihre eigenen Angelegenheiten. Einen willkommenen Gegenpol dazu bieten die Mitglieder aus Mollys Familie und Freundeskreis. Sie sind genau wie Molly nicht frei von Fehlern und dennoch - oder gerade deswegen - liebenswert, selbstkritisch und von weitaus mehr charakterlicher Tiefe als die Personen aus dem Marx-Clan. Bisweilen vergisst man bei der Lektüre sogar, dass man es bei Molly eigentlich mit einer Toten zu tun hat, denn ihre Art ist trotz ihrer Probleme erstaunlich erfrischend, locker und mit einer Prise Selbstironie. 

Sabine Mahnel
02.06.2009

 
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Das Buch:

Sally Koslow: Ich, Molly Marx, kürzlich verstorben. Aus dem Amerikanischen von Britta Mümmler

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München: dtv 2009
368 S., € 14,90
ISBN: 978-3-423-24725-2

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