Romane

Eine Liebe voller Leid und Schmerz

Die Erzählung von Tristan und Isolde ist beinahe so alt wie die Literatur selbst. Gottfried von Straßburg schrieb um 1210 diese Erzählung nieder. Sie wurde häufig von anderen Autoren an die jeweilige Zeit angepasst und verändert. Eine Liebesgeschichte, die die Zeiten überdauert. Eine neue Auslegung der Freuden und insbesondere Leiden der beiden Helden bietet Ruth Nestvold in ihrem Roman "Flamme und Harfe".

Zwei Helden, zwei (Vor-)Geschichten

Die Geschichte beginnt mit der Heldin Yseult der Schönen. Sie wächst auf der Insel Eriu (das heutige Irland) auf. Es ist ein Ort, an dem die verschiedenen Stämme nicht vereint werden können, sie sind verfeindet. Zudem verbreitet sich das Christentum, das den hoch angesehen Druiden ihre Position streitig macht. Zu dieser Zeit ist Yseults Mutter, Yseult die Weise, mit dem Hochkönig Lóegaire verheiratet. Dieser möchte eine seiner Töchter mit dem Herrscher von Riwallon, Marcus Cunomorus, verheiraten, damit ein langer Krieg zwischen beiden Völkern fortan als beendet gelten kann. Doch ein tragischer Unfall (seine beiden Töchter ertrinken im Bach) verhindert dies. Also soll Yseult als Marcus‘ zukünftige Ehefrau nach Britannien gehen. Doch dies lässt ihre Mutter nicht zu. Stattdessen trennt sie sich von Lóegaire und flieht mit ihrer Tochter in den Süden der Insel.

Zur gleichen Zeit kehrt Drystan in sein Heimatland und zu seinem Vater zurück. Er lebte viele Jahre bei Pflegeeltern, die ihn auf seine späteren Aufgaben vorbereiten sollten. Doch hat er dort die Kunst der Barden kennen und lieben gelernt. Kaum zu Hause angekommen muss Drystan mit ansehen, wie die Küsten Britanniens von erainischen Piraten überfallen werden. Diese nehmen Drystan und seinen besten Freund Kurvenal gefangen. Sie wollen einen Austausch erwirken. Doch es kommt zu einem Zweikampf zwischen Drystan und dem Anführer der Bande, Yseults geliebtem Onkel, in dessen Verlauf der Erainer den Kürzeren zieht. Doch vermag er es noch, Drystan so schwer zu verwunden, dass dieser von den Heilern Britanniens nicht gerettet werden kann. Er muss nach Eriu, damit Yseult die Weise ihn heilen kann. Dafür begibt er sich mit einem Schiff auf den Weg auf die einsame Insel. Als Barde verkleidet wird er von seiner Mannschaft in einem Boot ausgesetzt. Dort finden ihn aufgrund seines wunderschönen, klaren Gesangs zwei Fischer, die Drystan zu Yseult der Weisen bringen.

Der Anfang einer wunderbaren(?) Liebe

Drystan wird von Yseult der Weisen und ihrer Tochter Yseult der Schönen in deren Haus aufgenommen. Letztere pflegt und hegt ihn, bis eines Tages das Schlimmste vorbei ist und Drystan langsam wieder zu Kräften kommt. Da er Yseults Onkel in einem Duell umgebracht hat, gibt er sich fortan als Barde Tandrys aus. Er bringt Yseult als Entlohnung für die Pflege Latein und das Spiel auf der Harfe bei. Dabei kommen sich die beiden näher, bis bei einem Fest die Lust überwiegt und beide sich ihrer Leidenschaft hingeben. Doch das junge Glück ist überschattet von Drystans entsetzlicher Tat. Nach einer zufälligen Entdeckung seitens Yseults kommt das schreckliche Geheimnis heraus. Drystan verlässt die Insel und seine Liebste und kehrt zu seinem Vater zurück.

Kurz nachdem Drystan zu seinem Vater und besten Freund zurückgekehrt ist, werden Yseult die Schöne und ihre Mutter von deren ehemaligen Stiefvater Lóegaire entführt. Dieser erzwingt die Heirat seiner Stieftochter mit Marcus Cunomorus, Drystans Vater, indem er ihre Mutter misshandelt. Sie hat keine andere Wahl, als in ihr Feindesland zu gehen und einen Mann zu heiraten, den sie niemals lieben kann und wird. Denn ihr Herz gehört nach wie vor Drystan, der sie zu sich holt. Auf dem Schiff treffen beide eine folgenschwere Entscheidung: Sie trinken den Liebestrank, den Yseults Mutter mit der Absicht, Yseult für Marcus Cunomorus zu erwärmen, zubereitet hat und können fortan nicht mehr ohne einander leben.

Eine Zeit voller Freud und Leiden

Als Yseult in Britannien ankommt, beginnt für sie und ihren ehemaligen Geliebten eine grausame Zeit voller Entbehrungen und Sehnsucht nach Zweisamkeit. Doch das wäre geradezu frevelhaft. So verlegen sich die beiden auf ihre Sehnsucht, bis der Moment gekommen ist, da sie nicht mehr widerstehen können. Sie geben sich heimlich ihrer Liebe hin, aus der ihr gemeinsamer Sohn Kustennin entsteht. Mit Hilfe von Yseults Base Brangwyn gelingt es ihnen, ihre Liebe aufrechtzuerhalten. Bis eines Tages ein Neider die beiden entdeckt und sie an Cunomorus verrät.

Drystan und Yseult werden wegen Inzests zum Tode verurteilt. Bevor die Hinrichtungen ausgeführt werden können, kann Drystan fliehen und Yseult wird von Bauern gerettet. Und für kurze Zeit können die zwei Verliebten wieder zusammen sein. Doch viel zu kurz ist diese Zweisamkeit, denn Yseult geht wegen Kustennin zurück zu Cunomorus. Drystan hingegen macht sich auf dem Weg zu seinen einstigen Pflegeeltern. Dort lernt er eine dritte Yseult kennen, mit der er sich verlobt (und die er schließlich sogar heiratet). Doch noch gibt es Hoffnung für die beiden Protagonisten.

Bearbeitung eines Sagenstoffes

Bereits viele Autoren haben sich an den sagenumwobenen Stoff gewagt. Der Kern bleibt dabei immer erhalten: zwei Menschen, die einander lieben, wobei diese Liebe zu ihrem Unglück führt. Ruth Nestvold gelingt es, ein Bild der Geschichte zu schreiben, das sowohl phantastische als auch historisch fundierte Züge trägt. Es werden zwei Helden vorgestellt, die für ihre Liebe alles tun würden, aber durch äußere Umstände in ihr Unglück gestürzt werden. Dabei erscheinen die Charaktere natürlich. An einigen Stellen zwar ein wenig langatmig, zeigt der Roman die Geschichte zweier Liebenden, die eigentlich nur Zeit miteinander verbringen wollten, aber nicht durften.

Susann Fleischer
26.01.2009

 
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Das Buch:

Ruth Nestvold: Flamme und Harfe. Aus dem Amerikanischen von Marie-Luise Bezzenberger

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München: Penhaligon Verlag 2009
701 S., € 19,95
ISBN: 978-3-7645-3017-4

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