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Flucht vor der Realität

Loretta, Mitte zwanzig und Studentin der Kunstgeschichte, ist eine ungewöhnliche Protagonistin, die mehr schlecht als recht versucht, ihr Leben zu meistern. Doch ist sie nicht die einzige skurrile Figur von Julia Zanges Debüt "Die Anstalt der besseren Mädchen". Da sind auch noch ihr Freund Malte, Lores Studienfreunde und die neuen Bekannten eines "Mädchencamps" auf dem Land.

Lore fährt mit ihrem Freund Malte, der als Arzt in einem Krankenhaus tätig ist, zu den Eltern. Doch nach einem kurzen Aufenthalt in der Heimat, hält Loretta es dort nicht mehr aus und will zurück in die Großstadt, zurück nach Berlin. Dort flüchtet sie sich vor der Realität. Sie schlendert stundenlang durch die Straßen, und dies obwohl Malte ihr morgens kleine Zettelchen mit zu erledigenden Tagesaufgaben hinterlässt. Sie geht spätabends mit Freunden weg und steht erst gegen mittags auf. Selbst ihr Studium ist nicht mehr von Bedeutung. Doch plötzlich eröffnet der Frauenarzt ihr, dass sie schwanger ist.

Anfangs scheint sich aber nichts an ihrem Lebenswandel zu ändern. Sie bekommt ihre Tochter in einem Modefachgeschäft. Und als Malte arbeiten ist, verlässt sie das Haus und lässt ihr Baby alleine in der Wohnung, ohne darüber nachzudenken, was alles passieren könnte. Doch dann kommt der Moment, als Loretta aus der Großstadt flüchtet und zufällig ein "Mädchencamp" auf dem Lande entdeckt. Dort verbringt sie ab sofort ihre Zeit mit der Erfüllung von Pflichten. Vielleicht findet sie so zurück in die Realität und kann auf diese Weise ihr Leben meistern. Schließlich ist sie nun nicht mehr allein, sondern hat auch Pflichten für ihre Tochter zu übernehmen.

Julia Zange erzählt in ihrem Roman vom Leben einer hilflosen, jungen Frau, die keine Aufgabe in der Gesellschaft hat und sich auch noch nicht selbst gefunden hat. Im ersten Drittel des Buches spiegelt die Sprache die Ausweglosigkeit der Situation und Lorettas Desorganisation wider. Dies hält an, bis Loretta im "Mädchencamp" auf Gleichgesinnte trifft. Lores Welt wird in schimmernden und schillernden Farben geschildert. Unterbrochen durch lyrische Einstreuungen wird die Geschichte einer Frau erzählt, die Stück für Stück ihren Platz der Gesellschaft finden muss.

Susann Fleischer
10.11.2008

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