Romane

Ein fantastisches Lied von Metall und Nebel

Waxilium jagt seit Jahren als Gesetzeshüter in der Einöde Verbrecher. Doch ein tragischer Unfall und die Nachricht vom Tod seines Onkels bringen ihn dazu, in die Metropole Elantel zurückzukehren, um dort die Führung eines großen Adelshauses zu übernehmen. Dreiste Raubzüge konfrontieren ihn aber bald mit seiner Vergangenheit - zumal sein alter Freund Wayne für seine Zukunft ganz andere Pläne zu haben scheint.

"Hüter des Gesetzes" ist der vierte Roman, den Brandon Sanderson im Rahmen des Zyklus "Die Nebelgeborenen" verfasst hat. Während die ersten Bände aber in einer mittelalterlichen Welt spielten, macht der Autor hier einen Zeitsprung und lässt die Ereignisse in einem Setting spielen, das wie eine Mischung aus Industrialisierung und Wilder Westen wirkt. Fans der Reihe werden also einige bekannte Charaktere vermissen, auch wenn auf sie am Ende noch ein Schmankerl wartet. Neulinge dürften sich aber so ziemlich problemlos zurechtfinden.

Wie so häufig bei Brandon Sanderson ist auch hier das sorgsam konstruierte Magiesystem eines der Highlights. Hierbei erhalten einige Personen durch das Schlucken von bzw. den Kontakt mit verschiedenen Metallen besondere Fähigkeiten. Dazu zählen etwa besonders scharfe Sinne, außergewöhnliche Körperkräfte oder telekinetische Fähigkeiten. Das ist zwar grundsätzlich aus den ersten Nebelgeborenen-Romanen bekannt, eröffnet aber einige Jahrhunderte später - unter anderem durch die Verbreitung von Schusswaffen - ganz neue Optionen. Zudem ist das ganze System an Möglichkeiten und Beschränkungen so akribisch durchdacht, dass es wie ein logischer Teil der Welt wirkt.

Mit Waxilium und Wayne kreiert Sanderson gleich zwei spannende Hauptcharaktere, die als Identifikationsfiguren taugen. Dabei sorgen besonders Waynes Marotten - wie das fast zwanghafte Eintauschen von Gegenständen und die Lust am Verkleiden - immer wieder auch für komische Episoden, bringen jedoch gleichzeitig die Handlung voran. Aber auch Nebenfiguren und Antagonisten sind glaubwürdig und interessant gestaltet sowie mit nachvollziehbaren Motivationen ausgestattet. Weitere Pluspunkte des Romans sind das stimmige Worldbuilding, welches durch eingeschobene Zeitungsausschnitte noch mehr Tiefe erhält, diverse überraschende Wendungen sowie das furiose Finale. Letzteres hätte zweifellos auch eine Filmadaption verdient.

Zu mäkeln gibt es wenig. Natürlich ist Sandersons Vision nicht ganz so episch wie bei seinem berühmten Zyklus "Die Sturmlichtchroniken" und die kreierte Welt etwas weniger komplex ausgearbeitet. Dafür gibt es hier mehr Action. Auch die Übersetzung von Michael Siefener ist gelungen. Möglicherweise hätte es aber natürlicher geklungen, wenn er die Bezeichnungen einiger "metallmagischen" Kräfte im amerikanischen Original belassen hätte.

Wer bereits einen Roman namens "Jäger der Macht" gelesen hat, kann "Hüter des Gesetzes" im Regal seiner Lieblingsbuchhandlung getrost stehen lassen. Denn Piper hat das Buch noch einmal mit neuem Titel herausgebracht - schade, denn so dürfte es einige Doppelkäufe und Enttäuschungen geben. Allen anderen Fans von gut geschriebener und etwas ungewöhnlicherer Fantasy fernab von breit ausgetretenen Pfaden sei "Hüter des Gesetzes" aber empfohlen.

Ingo Gatzer 
06.05.2024

 
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Das Buch:

Brandon Sanderson: Die Nebelgeborenen - Hüter des Gesetzes. Aus dem Amerikanischen von Michael Siefener

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München: Piper Verlag 432 S., € 20,00 ISBN: 978-3-492-70664-3

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