Romane

Ein Buch über Generationenkonflikte

Moritz Liebig ist 38 und steht mit beiden Beinen fest im Leben. Eigenes Café, eigene Frau, eigener Sohn - der Laden läuft, das Familienleben ist harmonisch und es geht ihm gut. Auch weil er seit zwanzig Jahre keinen Kontakt zu seinen Eltern hat. Dann steht plötzlich sein Vater Karlheinz vor der Tür: Mama ist tot. Seit drei Monaten schon. Karlheinz hat den letzten Rest seines Lebenswillens verloren, ist müde, verbraucht und verbittert. Er will nicht mehr. Moritz soll ihm dabei helfen, aus dem Leben zu scheiden - ausgerechnet. Moritz ist überfordert. Von der Aufgabe, der Gegenwart, den Erinnerungen, seinem Erzeuger sowieso. Soll er Karlheinz den Gefallen tun? Oder zumindest versuchen, ihm zu neuem Lebensmut verhelfen? Seine scheinbar so geordnete Welt gerät gewaltig ins Wanken.

Moritz hat 18-jährig sein Elternhaus verlassen. Zu viel hat er um die Zuneigung, Anerkennung seines Vaters kämpfen müssen. Es war zwar keine schlechte Kindheit, allerdings auch nicht die schönste. Nur zu gerne möchte Moritz diese wieder vergessen, ebenso wie die Bitte seines Vaters, ihm Sterbehilfe zu leisten. Dass diese Aktion nicht gutgehen kann, ist so gewiss wie die Tatsache, dass nach Regen wieder Sonnenschein folgt. Aber auch für Moritz? Schon John Lennon wusste: "Das Leben ist das, was passiert, während man andere Pläne macht." In Moritz' Fall bedeutet das eine innere Reise. Das Ergebnis: Freunde, Unsicherheiten, Sehnsüchte und familiäres Zusammenleben, Missverständnisse und Freude - ein bunter Strauß an Menschen, Erlebnissen und Gefühlen, die sich am Erlebten festmachen ...

Literatur, die Herz und Zwerchfell ordentlich in Bewegung bringt - will man seinen öden Alltag mal für einen Nachmittag oder Abend entfliehen, muss man die Romane von Sven Stricker lesen. Seine Krimireihe um Kommissar Sörensen bedeutet kurzweilige Unterhaltung, die auf jeder Seite zudem zu überraschen weiß. Und genauso ist es auch mit "Bin noch da". So mancher wird bei der Lektüre wissend mit dem Kopf nicken, denn es zeigt sich: Familie - man kann nicht mit ihr, aber auch nicht ohne sie. Das entlockt dem Rezipienten ein Lächeln. Und nach dem Weglegen hat man leichten Muskelkater vom Dauerschmunzeln. Der deutsche Schriftsteller bereitet uns ein Vergnügen weit abseits des Mainstreams. Was er schreibt, ist alles, aber definitiv nicht nullachtfünfzehn. Herrlich, einfach nur herrlichst!

Mehr Autoren wie vom Können eines Sven Stricker braucht das Land, und zwar am besten gestern und nicht erst übermorgen. Dessen Bücher sind ein amüsanter Spaß, dem es aber auch an Tiefgang nicht fehlt. "Bin noch da" begeistert ab der ersten Seite. Kein Wunder, denn hier wird es zu keinem Satz langweilig.

Susann Fleischer 
25.08.2020

 
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Das Buch:

Sven Stricker: Bin noch da

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Hamburg: Rowohlt Polaris Verlag 2020 448 S., € 18,00 ISBN: 978-3-499-00195-6

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