Romane

Ein Historienschmöker par excellence

Als Kinder werden die Zwillinge Emma und Alice bei Kriegsende 1945 auf der Flucht aus Ostpreußen getrennt und glauben, die jeweils andere hätte nicht überlebt. Emma wächst in West-Berlin auf, Alice in einem Heim in der DDR, bis sie sich zwölf Jahre später überraschend in Berlin wiederfinden. Dabei sind sie sich fremd und vertraut zugleich. Es gibt zwar nach wie vor einen Teil der früheren Verbindung zwischen ihnen, aber sie sind doch von unterschiedlichen Systemen geprägt. Das führt nicht nur zu Auseinandersetzungen zwischen ihnen, sondern bringt sie am Ende auch beide in Gefahr. Ende der Fünfziger-/Anfang der Sechzigerjahre ist Spionage allgegenwärtig. Niemand kann sich seines Lebens sicher sein. Umso wichtiger ist Emma, ihre Schwester zu sich und ihrer Mutter zu holen. Alice hingegen hat andere Pläne.

Alles ändert sich für Emma, als sie durch Alice den Physiker Julius Laakmann kennen und schließlich auch lieben lernt. Es ist eine glückliche Zeit, aber keine unbeschwerte. Die Schwestern sowie Julius geraten zunehmend in den Fokus der Geheimdienste und immer mehr zwischen die Fronten des sich zuspitzenden Kalten Krieges. Als Julius Zeuge einer Entführung wird, muss der Naturwissenschaftler das Schlimmste befürchten. Weißt er doch, dass weder Stasi noch KGB Skrupel kennen. Für ihre Zwecke gehen beide "Organisationen" sogar über die Leichen Unschuldiger. Um Emma zu schützen, trennt sich Julius von ihr. Dann verschwindet Alice spurlos. Zu spät erkennt Emma, welcher drohenden Gefahr sie gegenübersteht. Währenddessen erreicht der Kalte Krieg einen neuen Höhepunkt - Berlin soll für immer geteilt werden ...

Unterhaltung auf höchstem erzählerischem Niveau, und die zu übertreffen schier unmöglich ist - Schriftstellerinnen vom Können einer Claire Winter gibt es in Deutschland nur ganz wenige. Die Berlinerin gehört in einem Atemzug mit Annette Hess, Anne Gesthuysen und Carmen Korn genannt. "Kinder ihrer Zeit" ist so grandios, dass es einen gleich ab dem ersten Satz glatt umhaut. Man glaubt sich während der knapp 600 Buchseiten lang tatsächlich im historischen Berlin; mittendrin im Geschehen statt nur dabei. Winter nimmt den Leser mit auf eine spannende sowie fesselnde Reise in ein Stück deutscher Vergangenheit. Sie macht Schicksale an ihren Hauptprotagonistinnen für den Leser erfahrbar. Was für ein Genuss; noch dazu einer, den man gerne des Öfteren erleben möchte. Dieses Buch wird man immer wieder lesen, garantiert!

Claire Winter schreibt sehr leidenschaftlich, aufwühlend, mitreißend, lebendig. Ihre Romane bedeuten Literatur, die einen ab dem ersten Satz ganz überwältigt. Es gibt fast nichts Fesselnderes im Bücherregal als "Kinder ihrer Zeit". Solch eine Lektüre raubt einem den Atem. Und vergisst über diese die Welt vollkommen um sich herum. Nichts macht den Leser berauschter, außerdem glücklicher und tränenreicher als Winters Geschichten.

Susann Fleischer 
17.08.2020

 
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Das Buch:

Claire Winter: Kinder ihrer Zeit

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München: Diana Verlag 2020 576 S., € 20,00 ISBN: 978-3-453-29195-9

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