Romane

Eines der herausragendsten Debüts seit "Das Geisterhaus" von Isabel Allende

Doris hat mit ihren 96 Jahren fast alle Menschen, die ihr jemals etwas bedeuteten, überlebt. Davon zeugt ihr rotes Adressbuch, das sie zu ihrem zehnten Geburtstag von ihrem Vater bekam. Inzwischen sind die Namen durchgestrichen, dahinter der Vermerk: tot. Um aber viele der Menschen und ihre Erinnerungen an gemeinsame Zeiten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat Doris zu den Namen eine Geschichte geschrieben. Auf diese Weise will sie auch ihrer einzigen Verwandten, ihrer Großnichte Jenny, mit der sie sonst nur per Skype in Verbindung steht, etwas aus ihrem Leben hinterlassen. Jenny lebt in den USA, Doris seit Jahrzehnten wieder in ihrem Heimatland Schweden. Jenny lässt sie an ihrem Freud, aber auch Leid ganz nah teilhaben.

Stockholm in den 1920ern: Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters verlässt Doris sowohl die Schule als auch ihr Elternhaus. Im zarten Alter von dreizehn tritt sie eine Stelle als Dienstmädchen im Haus einer eleganten und wohlhabenden Französin an. Doris führt fortan ein aufregendes und turbulentes Leben, wird zur strahlenden Schönheit und zum gefeierten Pariser Mannequin und wohnt in verschiedenen Kontinenten. Sie lernt mit Allan ihre große Liebe kennen und erlebt den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, die Jahre bis zum Kriegsende und die Zeit des Wiederaufbaus mit. Der schönen und unabhängigen Frau ist ein langes Leben beschieden. Es ist ein Leben mit Höhen, aber auch vielen Tiefen. Doris hat oft schwer zu kämpfen, gibt jedoch niemals auf.

Ihre einsamen Tage in der kleinen Wohnung in der Bastugatan 25 füllt Doris mit Erinnerungen, die sie für ihre Großnichte Jenny zu Papier gebracht hat. Ein Vermächtnis der Liebe sowie das Zeugnis eines langen und bewegten Lebens. Jenny, nach einem Anruf in Sorge um ihre "Auntie Dossie", fliegt mit ihrer Tochter nach Skandinavien. Nach einem Sturz liegt Doris mit gebrochenem Bein im Krankenhaus, glaubt aber, schon bald wieder nach Hause zu können. Stattdessen kommt es anders und tragischer, als Doris es lieb wäre ...

Unterhaltung mit absoluter Wein-, Lach- und Glücksgarantie - die Bücher aus Sofia Lundbergs Feder bedeuten ein Leseerlebnis voller größten Emotionen, spritzigem Humor und umwerfendem Charme bis zur letzten Seite. "Das rote Adressbuch" gehört unbedingt in jedes Bücherregal. Dieses Debüt gleicht einer Verführung für alle Sinne. Es nimmt einen über viele, viele Stunden lang vollkommen gefangen. Die schwedische Autorin kann schreiben, dass man ihren Worten unbedingt erliegen muss. Ihre Werke versetzen den Leser in einen noch nie dagewesenen Rausch. Und sie bringen uns zum Lächeln wie kaum etwas anderes. Lundberg beherrscht die Erzählkunst auf höchstem Niveau. Zwischen zwei Buchdeckeln steckt Gefühlskino der betörendsten Sorte. Seufz!

Solch berauschendes Leseglück wie in Sofia Lundbergs Romanen findet man höchstens noch bei Isabel Allende. Eine Geschichte wie "Das rote Adressbuch" ist ein ganz besonderes Lesegeschenk, nämlich eines der schönsten Sorte. Nach nur wenigen Sätzen rührt die Story einen zu Tränen, zerreißt einem sogar das Herz. Und trotzdem zeugt diese von einer unbändigen Fabulierlust, dass einem während der Lektüre ganz schwindelig wird. Literatur, einfach nur zum Niederknien gut und außerdem zum Verlieben!

Susann Fleischer
24.09.2018

 
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Das Buch:

Sofia Lundberg: Das rote Adressbuch. Aus dem Schwedischen von Kerstin Schöps

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München: Goldmann Verlag 2018
352 S., € 20,00
ISBN: 978-3-442-31499-7

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