Romane

Der Soundtrack einer ganzen Generation

Sie waren unsterblich - damals, Ende der Neunziger -, wütend und voller Aufbruch; drei Jungs und eine Frau, Protagonisten der neuen Gegenkultur aus späten Punks, krassen Künstlern und digitalen Bohemiens. Allen voran Duke, riesiges Schriftstellertalent, genialisch, unnahbar. In den vergangenen Jahren ist viel geschehen und schon vieles vergessen, aber nicht alles. Doch das Leben ist erbarmungslos: Jetzt ist Duke tot, zufälliges Opfer eines Raubüberfalls. Es ist das Jahr 2014 und Porto Alegre wie paralysiert von der sengenden Hitze und dem Streik. Am Grab ihres alten Mitstreiters kommen Aurora, Antero und Emiliano zusammen, nach einer gefühlten Ewigkeit wie Fremde. Aus der Freundschaft von einst ist nicht mehr viel übrig geblieben, außer einem kleinen Fünkchen Hoffnung.

In einer Kneipe folgt der unweigerliche Blick zurück: Wie war das früher? Was ist aus ihnen geworden, aus den Idealen, Lebensplänen, Hoffnungen? Und wer war dieser Duke wirklich? War er ihr Freund? Oder hat er sie nicht doch bloß für seine Zwecke benutzt? Die immer skurrilere Suche nach einer Antwort führt die drei zu einer Hinterlassenschaft, die so berührend wie erschütternd ist. Zuvor allerdings müssen sich Aurora, Antero und Emiliano endlich ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stellen; möge diese auch noch so unschön sein. Aurora läuft noch immer ihren Wünschen nach, während sich Antero, der sich seine erfüllen konnte, nach etwas anderem sehnt. Und Emiliano? Der soll eine Biographie über Duke verfassen, leidet allerdings an einer Schreibblockade.

Dukes Tod ist eine Chance für die drei Freunde. Denn es ist längst höchste Zeit eines Neubeginns für Aurora, Antero und Emiliano. Davon sind sie aber weit entfernt. Zu bequem ist ihr Sein, auch wenn es durchzogen ist von zahlreichen Ängsten und noch mehr Problemen. Es ist ein Kampf, noch dazu ein sehr schwieriger; jedoch auch einer, der sich lohnt, wenn er denn gewonnen werden sollte ...

Unterhaltung, die alles andere glatt in den Schatten zu stellen vermag - "So enden wir" gehört definitiv und ohne jeden Zweifel zu den Lesehighlights in jedem Bücherregal und ist außerdem der Beweis: Daniel Galera schreibt absolut genial. Er sorgt wie nur wenige andere für Lesekino der einsamsten Spitzenklasse. Seine Romane sind ein Überraschungshit, den man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen darf. Während deren Lektüre hüpft das Herz hoch und höher. Virtuos wird hier aus dem Leben der vier Protagonisten berichtet. Man fühlt sich als Voyeur, der wie durch ein Schlüsselloch auf einen Ausschnitt ihres Daseins, mit allem Freud und Leid, guckt. Der brasilianische Autor bringt uns schier zum Ausflippen. Die Geschichten aus seiner Feder lösen Lesebegeisterung pur aus.

Daniel Galera ist ein Ausnahmetalent unter den Schriftstellern Südamerikas. Er beherrscht die hohe Erzählkunst eines Gabriel Garcia Marquez oder einer Isabel Allende. Mit "So enden wir" erfährt man Literatur, die einer Verführung für alle Sinne gleichkommt. Jede Seite, sogar jeder Satz bedeutet Lesegenuss der schönsten Sorte und unfassbares Leseglück.

Susann Fleischer
12.03.2018

 
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Das Buch:

Daniel Galera: So enden wir. Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Nicolai von Schweder-Schreiner

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Berlin: Suhrkamp Verlag 2018
231 S., € 22,00
ISBN: 978-3-518-42801-6

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